„Tatscherl“eines Gerichtsvollziehers zog umfangreiches Strafverfahren nach sich
Die Disziplinarkommissionen urteilen mit unterschiedlichem Maß über schwarze Schafe in der heimischen Beamtenschaft – oft ist die Verhängung ausgesprochen milder Sanktionen zu beobachten. So kam etwa ein Justizwachebeamter, der einen Häftling gegen die Wand geschleudert haben soll, mit 600 Euro Disziplinarstrafe davon.
Dafür sah sich ein Gerichtsvollzieher, der kurz die Nerven weggeschmissen hatte, einem umfangreichen Justizverfahren in mehreren Stufen gegenüber.
Der Exekutor hatte bei einem Schuldner eine Pfändung zu vollziehen und wur- de an der Haustür von dessen Ehefrau empfangen. Sie versuchte, dem Beamten die Tür vor der Nase zuzuschlagen, begann hysterisch zu schreien und ihn unflätig zu beschimpfen. Der Gerichtsvollzieher ließ sich dazu hinreißen, der Frau mit zwei Fingern über die Wange zu streichen, um ihren Ausfall zu stoppen.
Bei den Erhebungen rund um diesen Vorfall wurde später ausdrücklich festgestellt, dass es sich um keine Ohrfeige, sondern bloß um ein „Tatscherl“gehandelt hat.
Der Exekutor wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellung angeklagt. Er habe die Frau „mit Gewalt zur Abstandnahme davon“bringen wollen, weiter zu schreien. Das Gericht sah freilich keine Gewalt und sprach den Mann frei.
Es folgte allerdings auch noch ein Disziplinarverfahren, weil das „Tatscherl“auch vor dem Hintergrund der „objektiv begreiflichen Erregung des Gerichtsvollziehers“mit dessen Dienstpflichten und dem Ansehen des Standes nicht vereinbar ist. „Die ihm als emotionale Reaktion unterlaufene Handgreiflichkeit“ließ aber nur eine „geringgradige“Schuld erkennen, für die es keiner Bestrafung bedurfte.