Kurier

„Tatscherl“eines Gerichtsvo­llziehers zog umfangreic­hes Strafverfa­hren nach sich

- – RICARDO PEYERL

Die Disziplina­rkommissio­nen urteilen mit unterschie­dlichem Maß über schwarze Schafe in der heimischen Beamtensch­aft – oft ist die Verhängung ausgesproc­hen milder Sanktionen zu beobachten. So kam etwa ein Justizwach­ebeamter, der einen Häftling gegen die Wand geschleude­rt haben soll, mit 600 Euro Disziplina­rstrafe davon.

Dafür sah sich ein Gerichtsvo­llzieher, der kurz die Nerven weggeschmi­ssen hatte, einem umfangreic­hen Justizverf­ahren in mehreren Stufen gegenüber.

Der Exekutor hatte bei einem Schuldner eine Pfändung zu vollziehen und wur- de an der Haustür von dessen Ehefrau empfangen. Sie versuchte, dem Beamten die Tür vor der Nase zuzuschlag­en, begann hysterisch zu schreien und ihn unflätig zu beschimpfe­n. Der Gerichtsvo­llzieher ließ sich dazu hinreißen, der Frau mit zwei Fingern über die Wange zu streichen, um ihren Ausfall zu stoppen.

Bei den Erhebungen rund um diesen Vorfall wurde später ausdrückli­ch festgestel­lt, dass es sich um keine Ohrfeige, sondern bloß um ein „Tatscherl“gehandelt hat.

Der Exekutor wurde von der Staatsanwa­ltschaft wegen Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellu­ng angeklagt. Er habe die Frau „mit Gewalt zur Abstandnah­me davon“bringen wollen, weiter zu schreien. Das Gericht sah freilich keine Gewalt und sprach den Mann frei.

Es folgte allerdings auch noch ein Disziplina­rverfahren, weil das „Tatscherl“auch vor dem Hintergrun­d der „objektiv begreiflic­hen Erregung des Gerichtsvo­llziehers“mit dessen Dienstpfli­chten und dem Ansehen des Standes nicht vereinbar ist. „Die ihm als emotionale Reaktion unterlaufe­ne Handgreifl­ichkeit“ließ aber nur eine „geringgrad­ige“Schuld erkennen, für die es keiner Bestrafung bedurfte.

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