Luchsen droht erneut die Austrottung
Wilderei laut Experten einzige Erklärung für Verschwinden von Jungtieren, die Schutzgebiete verlassen
Einige Biologen meinen, im zusammenhängenden Großraum Bayern, Österreich und Tschechien wäre Platz für 100 bis 160 Luchse. Die echte Zahl dürfte zwischen 60 und 80 liegen, von denen etwa 20 erwachsene Tiere überwiegend in Österreich leben. „Das sind nicht nur zu wenige, um eine stabile Population zu schaffen, man muss sogar Inzuchtprobleme befürchten. Die Population befindet sich am Rande des Aussterbens“, sagt Wildökologe Marco Heurich.
Der Privatdozent an der Uni Freiburg wollte wissen, warum sich der Bestand trotz idealer Bedingungen nicht erholt und führte eine Studie durch. Nach Ausschluss aller anderer Faktoren kommt für ihn nur Wilderei als Ursache in Frage. Er hatte große Hoffnungen in die Entwicklung der Luchse gesetzt.
„Es ist so ein schönes Projekt mit eigentlich guten Vo- raussetzungen. Der Luchs ist, anders als etwa der Wolf, den meisten Leuten sympathisch. Er verursacht kaum Schäden wie andere Großraubtiere und ist so scheu, dassmanihnkaumzuGesicht bekommt“, erzählt Heurich.
Spurlos
Trotzdem verschwanden bisher jedes Jahr ungefähr jene 15 bis 20 Prozent der Population, die dem Nachwuchs entspricht spurlos. Das ergab ein großflächig angelegtes Fotofallen-Monitoring. „Wir haben daraufhin eine Simulation durchgeführt, in der die Geburtenrate ebenso berücksichtigt ist wie natürliches Sterben oder Verkehrsunfälle“, erläutert der Wissenschaftler, der mit Spezialisten in allen drei Ländern zusammengearbeitet hat.
Einzige Erklärung ist für ihn Wilderei. „Auffällig ist, dass die meisten Tiere verschwinden, sobald sie Schutzgebiete, in denen nicht gejagt wird, verlassen und sich einige Zeit außerhalb aufgehalten haben“, berichtet Heurich, der vermutet, dass ein großer Teil der Tiere in Tschechien erlegt wird. „Tschechische Kollegen haben vor Jahren eine anonym gehaltene Umfrage unter tschechischen Jägern durchgeführt. Bei der wurde angegeben, dass viele den Luchs einfach als Konkurrenten betrachten.“
„Österreich ist bei der Verfolgung von Luchswilderern im Vergleich das erfolgreichste Land.“
Kavaliersdelikt
Das Töten eines Luchses wurde speziell vor dem EU-Beitritt Tschechiens als Kavaliersdelikt gesehen“, berichtet der Wissenschaftler. Inzwischen habe sich das geändert. Eine jüngere Umfrage ergab, dass die Trophäe inzwischen das wichtigste Motiv ist, so ein Tier zu erlegen. Um die Inzuchtgefahr zu verringern, habe man bereits einige Tiere aus Slowenien im Bayrischen Wald ausgesetzt. „Der vorhandene Lebensraum würde bequem für 160 Luchse reichen“, ist Heurich überzeugt. Er hofft jedenfalls auf breite Unterstützung durch die Jäger. „Das Letzte was wirwollen,isteinGeneralver- dacht gegen die Jägerschaft. Viele Jäger begrüßen nämlich die Anwesenheit des Luchses oder äußern sich positiv dazu“, berichtet der Forscher von seinen Erfahrungen. Trotzdem verschwinden viele der Tiere.
„Österreich ist in dieser
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Hinsicht am erfolgreichsten, es hat als einziges Land bisher Luchswilderer vor Gericht stellen können. Die bayrischen Behörden ermitteln zwar engagiert, haben aber noch keine gerichtsfesten Ergebnisse erzielt“, sagt Heurich.