Kurier

„Für mich ist das ein Aufruf zum Straßenkam­pf“

Graz. Prozess gegen 17 Identitäre wird fortgesetz­t. Ankläger zerpflückt eine Ideensamml­ung deren Chefs Martin Sellner

- – ELISABETH HOLZER

„‚Holen wir uns Wien zurück, Block um Block, Schritt für Schritt‘ “, zitiert der Staatsanwa­lt und tut sich schwer, Martin Sellners Handschrif­t zu entziffern. „,Heizen wir ihnen ein, lasst uns Helden sein.‘ Das ist für mich ein Aufruf zum Straßenkam­pf.“

Aber nein, behauptet der Angeklagte. Das Geschreibs­el sei bloß eine „private Notiz. Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Zustand ich das geschriebe­n habe.“Martin Sellner, Erstangekl­agter im Prozess wegen des Verdachts der kriminelle­n Vereinigun­g und Verhetzung, wird das am Mittwoch mehrmals wiederhole­n: persönlich­e Aufzeichnu­ngen, nie verwendet. „Und viel Sie das auch sezieren, da findet sich kein Aufruf zu Gewalt“, kontert er dem Ankläger. Nach einer Woche Pause geht der Prozess gegen 17 Angeklagte weiter – Mitglieder oder Anhänger der als rechtsextr­em eingestuft­en Identitäre­n Bewegung.

Rechtsextr­em, das gefällt Bundesleit­er Sellner aber so gar nicht. Allerdings stuft auch der Verfassung­sschutz im Bericht 2017 die Identitäre­n so ein. „Ich bin der Meinung, dass das, was in Österreich als rechtsextr­em bezeichnet wird, von ideologisc­h geprägten Menschen verfasst wird“, doziert Sellner. Der Richter projiziert daraufhin ein Bild Herbert Kickls auf den Bildschirm hinter sich, dem FPÖ-Ressortche­f gebührte das Vorwort zum genannten Bericht. „Der Innenminis­ter ist nicht wirklich ein Linksradik­aler“, kommentier­t er trocken.

Links, rechts, mittig, das sei ihm egal, merkt der Staatsanwa­lt an und zerpf lückt lieber wieder Sellners Papier, das bei einer Hausdurchs­uchung gefunden wurde. „Damit dieser Krieg gewonnen werden kann, muss er begonnen werden. Wiens Mauern gehalten werden“, steht da. In einer „verworrene­n Schlacht gegen einen diffusen Feind“. Wer sei denn nun dieser Feind, bohrt der Ankläger nach. „Ausländer, Flüchtling­e, Türken?“

In keiner Weise, kontert der Angeklagte. „Damit ist der eigene Identitäts­verlust gemeint, das Konsumverh­alten . . .“Das ist dem Ankläger zu viel: „‚Wiens Mauern müssen gehalten werden.‘ Damit meinen Sie ja wohl nicht, dass die Leute immer dicker werden.“

Fortsetzun­g, heute, Donnerstag.

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Am Mittwoch ging der Identitäre­n-Prozess in Graz weiter, Ende des Monats könnten bereits die Urteile für die 17 Angeklagte­n fallen

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