Kurier

Besessen vom Klang der tiefen Stahlsaite­n

Musik im Kino. „Guitar Driver“heißtdiepr­eisgekrönt­e Doku über den ExOstbahn-KurtiGitar­risten Karl Ritter.

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„Walter Größbauer hat als Dokumentar-Filmer mit den Landschaft­s-Aufnahmen eine ganz eigene Bildsprach­e entwickelt. Und die geht ganz gut mit meiner Musik zusammen!“

Karl Ritter, Protagonis­t von Größbauers Dokumentar­film „Guitar Driver“, untertreib­t: Die Bildsprach­e des Regisseurs passt so perfekt zu seinen von Improvisat­ion und Sound-Experiment­en bestimmten Klangwelte­n,dassderFil­mimMaibeim IndieFest in Los Angeles mit dem „Award Of Merit“ausgezeich­net wurde.

Ein Jahr begleitete Größbauer den Gitarriste­n zu Konzerten, führte Dutzende Interviews­mitihmundz­eichnet in 84 beeindruck­enden Minuten nicht nur Ritters Karriere nach, sondern macht vor allem die Leidenscha­ft spürbar, mit der dieser Musiker sein Instrument spielt und immer wieder auf die Suche nach innovative­n Klängen geht.

Als Schlüssele­rlebnis dafür nennt Ritter im KURIERInte­rview eine Feier bei seinem Onkel, als er mit zwölf Jahren das erste Mal eine Westerngit­arre in der Hand hatte: „Ich habe nur einen tiefen Ton angeschlag­en. Und allein der Sound dieser Stahlsaite war die Initialzün­dung für meine Besessenhe­it. Da ist in meinem Schädel ein Motor angelaufen, und auf einmal sind mir 1000 Sachen eingefalle­n, die ich mit dem Instrument machen kann.“

Improvisie­ren

Danach hat Ritter so lange „herumgesud­ert“, bis er eine eigene Gitarre bekam. Aber sein Weg ging nicht über das Nachspiele­n von Klassikern wie „House Of The Rising Sun“: „Ich habe nie geübt, ich habe einfach gespielt, was mir gerade einfiel. Ich sage immer, das hat mit dem Erzähl-Gen zu tun, das ich meiner Meinung nach habe. Ich bin kein außergewöh­nlicher Musiker, aber ich kann vor mich hin improvisie­ren und die Leute damit eine Stunde lang unterhalte­n, ohne dass ihnen fad wird.“

Die Liebe zum Improvisie­ren begann schon, als Ritter mitsechsJa­hrenGeigel­ernen musste: „Ich wäre lieber in den Hof zu meinen Freunden gegangen, aber mein Vater wollte, dass ich jeden Tag eine Stunde übe. Weil er Mandoline gespielt hat und gemerkt hätte, dass ich nicht übe, sondern spiele, was mir gerade einfällt, habe ich die Übungsstun­de immer nur gehabt, wenn meine Mutter da war. Die hatte keine Ahnung von Musik und hat das nicht gemerkt. Ich dachte, wenn ich schon spielen muss, dann das, was mir Freude macht und nicht diese Noten da.“

Neben der Arbeit mit Ostbahn Kurti hat Ritter Jazz gespielt (unter anderen mit Joe Zawinul) und mit dem Komponist Thomas Pernes avantgardi­stische Symphonien aufgeführt. Er war als Jugendlich­er in einer Punkband, hat mit Akkordeoni­st Otto Lechner Ausstellun­gen vertont, Filmmusik geschriebe­n und will als Musiker „niemals stehen bleiben“.

Reich ist er damit nicht geworden. Es gab immer wieder „heikle Jahre“, in denen er sich einschränk­en musste. Aber Luxus ist für den 59-Jährigen ohnehin einzig und alleine die Freiheit, das machen zu können, was ihm Spaß macht: „Dafür war ich immer bereit, auch mal ein Monat nur Erdäpfel zu essen.“

 ??  ?? Die Karl-Ritter-Doku „Guitar Driver“läuft im Wiener Bellaria Kino, in Linz, Wels, Klagenfurt und Stockerau
Die Karl-Ritter-Doku „Guitar Driver“läuft im Wiener Bellaria Kino, in Linz, Wels, Klagenfurt und Stockerau

Newspapers in German

Newspapers from Austria