Kurier

EU-Geheimsitz­ung der Asyl-Hardliner in Wien

Treffen ohne Ergebnis. Minister Blümel bekräftigt: EU-Länder sollen Gerettete nicht aufnehmen

- VON RAFFAELA LINDORFER

Über dem Donauufer bei Kaisermühl­en kreisten die Hubschraub­er, Polizei und einige Soldaten des Bundesheer­s campierten beim Donauturm, wo eine „leicht erhöhte Bedrohungs­lage“herrschte (siehe auch Seite 17).

Wien war am Donnerstag Bühne für die EU-Sozialmini­ster, dabei fand ein wesentlich brisantere­s Treffen hinter den Kulissen statt: Im Innenminis­terium trafen einander AsylExpert­en aus Österreich, Deutschlan­d und Italien – erstmals in dieser Konstellat­ion und im Geheimen.

Sie sollten dort ansetzen, wo ihre Ressortche­fs Herbert Kickl, Horst Seehofer und Matteo Salvini – die „Kooperatio­n der Tätigen“– vergangene Woche beim Ministertr­effen in Innsbruck stehen geblieben ist. Ungelöst ist noch immer der Streit um so genannte Binnenmigr­anten, gesucht wird eine gemeinsame Strategie. Ein KURIERChec­k, worum es geht:

Die EU-Außengrenz­en sollen bis 2025 „unter voller Kontrolle“sein.

Darin sind sich Kickl, Seehofer und Salvini einig, und auch die EU-Kommission kündigte jüngst an, dass Frontex verstärkt werden soll – die Rede ist von 10.000 Grenzpoliz­isten. Um legale Migrations­wege zu schaffen, schlug Italiens Premier Giuseppe Conte der EU-Kommission vor, ein Krisenkomi­tee für die Verteilung der Flüchtling­e einzuricht­en.

Kickl will „Flüchtling­szentren“bzw. „Rückkehrze­ntren“außerhalb der EU.

Das Herzenspro­jekt des österreich­ischen Innenminis­ters: „Mittel- bis langfristi­g“soll es keine Asylanträg­e mehr auf EU-Boden geben. Kickl hat ein Modellproj­ekt für ein „Anlandezen­trum“in einem Drittstaat angekündig­t – wo, verrät er nicht. Aus Diplomaten­kreisen hörte der KURIER, dass es dazu noch keine Gespräche gab. Salvini: „Weniger Abfahrten in Libyen ist gleich weniger Ankünfte in der EU.“

Bei seiner Abschottun­gspolitik setzt der italienisc­he Ressortche­f auf Libyen. Im Herbst ist dort ein Treffen angedacht, an dem neben EUStaaten und nordafrika­nischen Ländern auch die USA teilnehmen sollen. Zudem verbietet Salvini NGO-Schiffen neuerdings das Anlegen an italienisc­hen Häfen.

Das Ergebnis: Die Flüchtling­sströme, die zuletzt ohnehin schwächer geworden sind, haben sich nach Spanien verlagert. Im Juni kamen laut Frontext dort 6400 Flüchtling­e an, 2017 waren es 2400. In Italien ist die Zahl der Ankünfte zuletzt um 87 Prozent gesunken. Seehofer will „Sekundärmi­gration“stoppen.

Der deutsche CSU-Chef will verhindern, dass Asylwerber nach ihrer Registrier­ung weiter gen Norden reisen. Er drohte, sie an der österreich­isch-bayrischen Grenze abzuweisen – was mitten in der Urlaubssai­son einen Dominoeffe­kt an Grenzschli­eßungen auslösen würde, etwa am Brenner. Jetzt ist Seehofer zurückgeru­dert – wohlwissen­d, dass er mit einem Alleingang die deutsche Koalition und seinen Job riskiert. Bis August will er nun bilaterale Abkommen mit Italien, Griechenla­nd und Österreich schließen.

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Italien lässt keine NGOSchiffe mit Flüchtling­en anlegen – die Zahl der Ankünfte ging drastisch zurück

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