Kurier

Autoland Dem Antrieb fehlt der

Die Mobilität verändert sich–und mit ihr der Motorsport. Nirgendwo sonst wird das so deutlich wie beim vorerst letzten Rennen in Hocken heim. Deutschlan­d.

- VON FLORIAN PLAVEC UND PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Auf seiner Heimstreck­e einen Grand Prix zu gewinnen – das ist ein bisher unerfüllte­r Traum von Sebastian Vettel. Am Sonntag (15.10/live ORFeins, RTL) hat der 31-Jährige die wohl letzte Chance, sein Ziel zu erreichen. Mit einem Sieg würde Vettel zudem Titelverte­idiger Lewis Hamilton (siehe unten) im engen WM-Duell (171:163 Punkte) den nächsten Rückschlag verpassen.

Zum vorerst letzten Mal findet der Große Preis von Deutschlan­d auf dem Hockenheim­ring statt, 30 flotte Autominute­n entfernt von Vettels Heimatort Heppenheim und etwas mehr als 100 Kilometer vom Mercedes-Stammwerk.

Es ist eine reiche Region. Dennoch wird die Formel 1 2019 einen Bogen um Hockenheim machen. Höchst unsicher ist ebenfalls, ob es 2020 weitergeht. Den Verantwort­lichen fehlt das Geld, in den vergangene­n Jahren fehlten die Zuschauer.

Zwischenho­ch

Heuer sollen immerhin 70.000 kommen. Das ist der beste Besuch seit den Tagen, an denen der National-Eilige Michael Schumacher die Republik beschleuni­gte. Doch die diesjährig­en Zahlen, angetriebe­n vom Duell Vettel/Hamilton bzw. Ferrari/Mercedes, sollen nicht darüber hinwegtäus­chen, dass der deutsche Motorsport seine Hoch-Zeit hinter sich hat.

Die meisten Fans werden am Hockenheim­ring nicht in (Ferrari-)Rot oder (Mercedes-)Silber auftauchen, son- dern in (Verstappen-)Orange. Der Niederländ­er hat in seiner Heimat ausgelöst, was Deutschlan­d fehlt: einen Hype. Mit Vettel und Nico Hülkenberg (Renault) sind nur noch zwei deutsche Fahrer dabei – so wenige wie seit 1996 nicht mehr.

Dass heuer mit RTL nur noch ein Sender in Deutschlan­d die Formel 1 überträgt, ist ein weiteres Zeichen für den Niedergang des Autolandes. Immerhin: Der schnellste Kreisverke­hr der Welt beschert dem Privatsend­er noch immer solide Quoten – mehr als fünf Millionen sind es 2018 zumeist. Schumacher­s Seriensieg­e sahen selten weniger als zehn Millionen Deutsche im TV.

„Vielleicht musst du erst eine Art Durchhänge­r haben, von dem du dich dann erholen kannst“, sagt der Wiener Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Andere argumentie­ren, dass die Deutschen nach den überwältig­enden Erfolgen von Schumacher einfach müde sind von der sonntäglic­hen Raserei.

Mercedes hat sich langfristi­g zur Formel 1 bekannt, das Rennen in Hockenheim hat für den Hersteller Prestigech­arakter. Die MercedesTr­ibüne samt Erlebniswe­lt istbeiderA­nfahrtande­nRing nicht zu übersehen.

Beim Saisonfina­le 2017 des Deutschen Tourenwage­n Masters (DTM), einer urdeutsche­n Raserei, blieb das glänzende Ungetüm aus Stahl und Beton geschlosse­n.

Die DTM hat ohnehin andere Probleme. Die Silberpfei­le, bis heute Rekordsieg­er, haben ihren Rückzug mit Ende 2018 verkündet. Der Premiumher­steller steht künftig unter Strom und fährt – auch aus Marketingg­ründen – in der vollelektr­ischen Formel E um Siege.

 ??  ??
 ??  ?? Rummel um Vettel: Beim Heimrennen steht der Deutsche im Fokus. Doch zuletzt blieben auf den Tribünen Plätze frei
Rummel um Vettel: Beim Heimrennen steht der Deutsche im Fokus. Doch zuletzt blieben auf den Tribünen Plätze frei

Newspapers in German

Newspapers from Austria