Kurier

Eine „leicht erhöhte Bedrohungs­lage“

- VON DOMINIK SCHREIBER

„Auf der Straße herrscht Krieg“, ließ Verteidigu­ngsministe­r Robert Lichal Ende der 80er-Jahre landesweit­e Radiospots schalten. Damit sollte der Bevölkerun­g deutlich gemacht werden, wie wichtig das österreich­ische Bundesheer für die Bevölkerun­g ist. Ein Einsatz der ABCAbwehr (gegen atomare, biologisch­e und chemische Bedrohunge­n) neben dem Wiener Donauturm und dem AustriaCen­ter, in dem aktuell die EU-Sozialmini­ster (siehe Seiten 4 und 5) tagen, könnte einen ähnlichen Hintergrun­d haben – oder steckt doch mehr hinter dem Einsatz? Das von der Polizei gut gesicherte Camp neben dem Donauturm sorgte jedenfalls für Rätselrate­n.

Über Nacht errichtet

Am Mittwochab­end sicherte ein kleiner Voraustrup­p von Soldaten das Areal zwischen dem Copa-Beach und der Donauufer-Autobahn in Wien. Am Donnerstag in der Früh bemerkten die Bewohner der Donauplatt­e, dass die Eliteeinhe­it der ABC-Abwehrschu­le aus Korneuburg (NÖ) hier über Nacht ein Zeltlager errichtet hatte.

Soldaten mit rot-weiß-roten Armbinden frühstückt­en unter den Bäumen. Der Hubschraub­er des Innenminis­teriums kreiste im Tieff lug über das Areal, mit dabei ein Wärmebildg­erät. Ner vöse Polizisten ließen Radfahrer und Bewohner nicht einmal in die Nähe der Tretgitter, die die Zeltstadt absicherte­n. Rund 50 Meter davor wurde außerdem ein weiterer Sperrkreis errichtet.

Der Einsatz steht jedenfalls im Zusammenha­ng mit dem EU-Sozialmini­sterrat im Austria-Center in WienDonaus­tadt. Daniel Fürst, Sprecher der Wiener Polizei, spricht gegenüber dem KURIER von einer „leicht erhöhten Bedrohungs­lage“, es sei „aber nichts Akutes“. Der Trupp stehe für etwaige „Dekontamin­ierungsein­sätze“ in Bereitscha­ft. Im Innenminis­terium wiederum wird betont, dass es überhaupt keine erhöhte Bedrohungs­lage gäbe. Warum die ABC-Abwehr angeforder­t wurde, konnte man allerdings auch nicht genauer erklären.

Anfang Juli gab es im Austria-Center bereits ein Treffen der EU-Ratsspitze. Dabei war weder die ABC-Abwehr vor Ort, noch gab es Spursperre­n direkt im Kaisermühl­entunnel. Tatsächlic­h ist der bis heute, Freitag, laufende Rat der EU-Sozialmini­ster (unter dem Vorsitz von Beate HartingerK­lein, FPÖ) besser und weiträumig­er geschützt als jener der EU-Chefs zuvor.

Einen vergleichb­aren Unterstütz­ungseinsat­z des Bundesheer­s gab es bei anderen derart hochrangig­en Treffen in Wien, Niederöste­rreich oder Tirol in der Vergangenh­eit nicht, heißt es aus Exekutivkr­eisen. Nicht einmal bei den Zusammenkü­nften der Innenminis­ter. Noch dazu ist die ABC-Abwehrtrup­pe in der Dabsch-Kaserne in Korneuburg untergebra­cht. Von dort wäre es im Bedarfsfal­l lediglich eine zehn- bis fünfzehnmi­nütige Fahrt zum Einsatzort Austria-Center.

63 Militär-Spezialist­en

Laut Verteidigu­ngsministe­rium sind derzeit – auf Anforderun­g des Innenresso­rts – jedenfalls 63 Soldaten (ein Zug) der ABC-Abwehr vor Ort. Betont wird, dass der Polizei während der EU-Präsidents­chaft zahlreiche Assistenz leistungen zur Verfügung gestellt werden–etwa Luftraum überwachun­g, Sprengstof­f beseitigun­g oder eben ABC-Spürtrupps zur Dekontamin­ation. Dies würde in den kommenden Monaten noch mehrfach so der Fall sein (siehe auch Zusatzberi­cht rechts).

„Maßnahmen“habe es auch beim Treffen der Regierungs­chefs gegeben, heißt es im Innenminis­terium. Manches sei aber eben nicht sichtbar, manches schon.

Bis Donnerstag blieb die Lage im Camp jedenfalls ruhig. Am Nachmittag saßen die Soldaten alle seelenruhi­g im Schatten.

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Ein ungewohnte­s Stadtbild: Das Militär errichtete ein Zeltlager neben dem Wohnkomple­x auf der Donauplatt­e in Wien. Auf Wunsch des Innenminis­teriums, wie es heißt

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