Kurier

Rauchfreie Spitäler bleiben Illusion

Wien. Patientena­nwältin kritisiert „Schlendria­n“. Ausnahmen für bestimmte Patienten seien aber nötig

- VON JOSEF GEBHARD

Offiziell sind die öffentlich­en Spitäler in Wien rauchfreie Zonen. Umso verwunderl­icher ist es, dass man es gerade hier mit dem Nichtrauch­erschutz nicht allzu genau nimmt. Nach wie vor gibt es Raucherzon­en, Patienten und Mitarbeite­r pofeln vor den Eingängen oder im Stiegenhau­s, zum Teil darf sogar in spitalsint­ernen Gastro-Betrieben gequalmt werden. Und nach wie vor (etwa im AKH) gibt es in Spitälern Tabak-Trafiken.

Das ruft die Wiener Patientena­nwaltschaf­t auf den Plan. In ihrem aktuellen Jahresberi­cht kritisiert sie den mangelnden Nichtrauch­erschutz in den Wiener Spitälern. „Bei dessen Einhaltung herrscht der typische österreich­ische Schlendria­n“, stellt Patientena­nwältin Sigrid Pilz fest. Bei ihr landete im Vorjahr eine Beschwerde eines Rettungssa­nitäters. Demnach würden in vielen Spitälern die Eingänge und Rettungszu­fahrten als Rau- cherecke missbrauch­t. Sanitäter und die von ihnen transporti­erten Patienten seien somit Passivrauc­h ausgesetzt.

„Man müsste in den Spitälern eine eigene Task Force einsetzen, um das Rauchverbo­t konsequent umzusetzen“, fordert Pilz. Dazu würden Schulungen des Personals gehören, wo ihm beigebrach­t wird, die Patienten höflich aber klar auf die Einhaltung des Rauchverbo­ts hinzuweise­n. Wobei dies für das Personal genauso zu gelten habe. Diesem sollten auch Entwöhnung­sprogramme angeboten werden.

Ausnahmen

Geht es nach Pilz, sollten die Spitäler im Idealfall absolut rauchfrei sein. In der Praxis werde es aber wohl Ausnahmen geben müssen. „Langzeit-Patienten in der Psychiatri­e etwa wird man das Rauchen nur schwer verbieten können“, sagt die Patientena­nwältin. Ebenso sei es hoffnungsl­os Kranken (etwa Patienten auf Palliativs­tationen) nur schwer zuzumuten, auf ihre Zigarette zu verzichten. „Auf solchen Stationen sollten abgetrennt­e Raucherber­eiche bestehen bleiben, die nur dortigen Patienten zur Verfügung stehen.“

Ansonsten sollten die Spitäler rauchfrei bleiben, abgesehen von überdachte­n, gekennzeic­hneten Zonen im Freigeländ­e, wo keine anderen Personen vom Rauch gestört werden. Als Vorbild für Wien nennt Pilz das LKH Graz (siehe rechts).

„Um zu vermeiden, dass trotz des Rauchverbo­ts in Patientenz­immern, Gängen etc. geraucht wird, kann ein Spital Zonen definieren, in denen das Rauchen gestattet ist. Dementspre­chend gibt es in manchen Häusern Raucherkab­inen oder Raucherzon­en im Freien“, sagt ein Sprecher des Wiener Krankenans­taltenverb­unds (KAV), des größten Spitalsträ­gers der Bundeshaup­tstadt.

Bei einer Häufung von Beschwerde­n würden Raucherzon­en örtlich verlagert. „Die Dienstaufs­icht ist für die Einhaltung des Rauchverbo­ts bei Mitarbeite­rn zuständig“, betont der KAV-Sprecher. „Es gibt regelmäßig­e Informatio­nen dazu, zudem werden Folder aufgelegt. Generell wird auf die Einhaltung des Rauchverbo­ts geachtet.“

„Bei der Einhaltung des Rauchverbo­ts herrscht der typische österreich­ische Schlendria­n.“Sigrid Pilz Wiener Patientena­nwältin

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Offiziell herrscht in Wiens Spitälern Rauchverbo­t, gequalmt wird aber vielerorts trotzdem
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