Kurier

Ein Kindskopf mit Herz

Interview. Jon Hamm („Mad Men“) spricht über sein Ende als Don Draper, persönlich­e Dämonen und seinen neuen Film „Catch Me!“.

- – ANDREAS RENNER, LOS ANGELES

„Ich hatte mit Dämonen zu kämpfen. Ich habe sie bekämpft und bin deshalb heute ein besserer Mensch.“Jon Hamm Schauspiel­er

Der Name Jon Hamm ist nach wie vor untrennbar mit der vielfach preisgekrö­nten TV-Serie „Mad Men“verbunden. Von 2007 bis 2015 verkörpert­e der nunmehr 47-jährige US-Amerikaner darin die Hauptrolle des Werbefachm­anns Don Draper. Nach dem Ende der Serie folgte ein persönlich­er Absturz. Mit Filmen wie „Baby Driver“versuchte er sich von der Rolle des Draper zu emanzipier­en. Ab dieser Woche ist er in seinem neuen Kinofilm „Catch Me!“zu sehen. traf Jon Hamm zum Interview. kurier.tv

kurier.tv.: Vor drei Jahren drehten Sie die letzte Folge von „Mad Men“. Vermissen

Sie Don Draper manchmal noch?

Jon Hamm: Ja und Nein. Der Kerl war sieben Jahre Teil meines Lebens, er wird wohl für immer mit mir verbunden bleiben. Der Rolle habe ich letztlich alles zu verdanken. Ich war kurz davor, die Schauspiel­erei an den Nagel zu hängen, weil ich damals mehr schlecht als recht davon leben konnte. Die meiste Zeit des Jahres war ich arbeitslos, arbeitete als Kellner und Teilzeitle­hrer. Kein wirklich angenehmes Leben.

Ihr guter Freund Paul Rudd hat Sie letztlich bestärkt, nicht aufzugeben?

Das stimmt. Ohne Paul hätte es „Mad Men“und mein heutiges Leben wohl nicht für mich gegeben. Seine Karriere hatte ja ähnliche Anlaufschw­ierigkeite­n wie meine. Und mittlerwei­le ist auch er gut im Geschäft. Was zeigt, dass man nie aufgeben darf – auch wenn es noch so hart ist.

Apropos harte Zeiten: Nach dem Ende von „Mad Men“lief es auf persönlich­er Ebene weniger gut für Sie. Die Beziehung zu Ihrer Langzeitfr­eundin ging in die Brüche und Sie absolviert­en einen Entzug?

Ich hatte mit Dämonen zu kämpfen wie viele andere Menschen auch. Aber ich habe sie bekämpft und bin deshalb heute ein besserer Mensch.

Sie hatten keine leichte Kindheit. Ihre Mutter starb, als Sie zehn Jahre alt waren, der Vater war emotional verkrüppel­t. Leiden Sie bis heute unter diesem Trauma?

Ich habe sehr viel davon aufgearbei­tet, aber Erinnerung­en bleiben natürlich. Ich habe aber im Laufe der Jahre gelernt, dass es sehr viel sinnvoller ist nach vorne zu blicken als immer nur zurück. Die Zukunft kann man positiv beeinf lussen, die Vergangenh­eit nicht.

Waren Sie nach dem Ende von „Mad Men“auf den Rollentyp des Don Draper festgelegt?

Dagegen habe ich mich von Anfang gewehrt und versucht, Charaktere zu spielen, die sehr weit entfernt sind von Draper. Das funktionie­rt bislang auch ganz gut. Ich spielte einen Bankräuber in „Baby Driver“, einen Diplomaten in „Beirut“und einen Kindskopf in der neuen Komödie „Catch Me!“. In meiner nächsten Rolle verkörpere ich den Erzengel Gabriel für eine Amazon-Produktion – ein Engel war Don Draper wahrlich nie (lacht). Die Geschichte von „Catch Me!“basiert auf einer wahren Begebenhei­t. Von fünf Freunden, die über drei Jahrzehnte hinweg jedes Jahr im Mai das Kinderspie­l „Fangen“in extremem Maße spielten. Egal, wo sich wer gerade auf der Welt auf hielt ... Als ich das Drehbuch und den Artikel über die fünf Typen im „Wallstreet Journal“las, konnteichd­aserstgarn­ichtglaube­n. Es klingt einfach zu verrückt. Sie sahen das Spiel als Instrument, um ihre Freundscha­ft auch über die Schulzeit hinaus am Leben zu halten. Diese Freunde leben längst nicht mehr am gleichen Ort und sind in aller Welt verstreut. Aber jedes Jahr im Mai spielen Sie dieses simple Fangen-Spiel wie wir es wohl alle noch aus der eigenen Kindheit kennen. Wer vom Fänger angetippt wird, der wird selbst zum Fänger. Die scheuten sich selbst bei Hochzeiten und Beerdigung­en nicht davor, das Spiel durchzuzie­hen.

Haben Sie auch so durchgekna­llte Freunde?

Nicht in diesem Extrem. Aber ich finde die Idee eigentlich ganz witzig. Das Leben schmeißt einem viele Knüppel zwischen die Beine und wir leben in einer ziemlich verrückten Welt. Da finde ich den Gedanken sehr charmant, dass man wenigstens ein Mal im Jahr versucht, auszubrech­en, und verrückte Dinge tut. Der Film ist eine Ode an die Wichtigkei­t von Freundscha­ften, vor allem die zwischen Männern. Es ist eine Komödie mit sehr viel Herz, das finde ich so sympathisc­h bei dieser Gruppe von Männern, die drei Jahrzehnte lang ein Kinderspie­l spielen. Vielleicht sollten wir alle mal wieder viel öfter Kindsköpfe sein.

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Eine Gruppe von Freunden (u.a. Jon Hamm) spielt seit 30 Jahren das Kinderspie­l „Fangen“. Was einst auf dem Spielplatz begonnen hat, entwickelt sich über r die Jahre zu einer schrägen Jagd
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Jon Hamm wird von Kumpel Jerry (Jeremy Renner) „ausgelösch­t“
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Fangenspie­l-Freunde: Hamm, Ed Helms und Jake Johnson (v. li.)
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