Kurier

Kurz im geheimsten US-Club

Der Kanzler ist Gast in Enklave der Silicon-Valley-Bosse

- VON DIRK HAUTKAPP WASHINGTON

Krista Traxler ist unmissvers­tändlich in ihrer E-Mail-Antwort. „Wir können keine Auskunft über das geben, was in unserem Klub geschieht“, teilt die Marketing-Direktorin des Yellowston­e Clubs in Big Sky mit. Auch die Bitte, die KURIER-Anfrage doch freundlich­erweise an den Stab von Ex-Google-Chef Eric Schmidt weiterzuge­ben, der in diesen Tagen wieder einmal die Tech-Elite und globale „Leader“in den Bergen von Montana zu einem streng von der Öffentlich­keit abgeschirm­ten Gedankenau­stausch versammelt, wird abschlägig beschieden. „Wenn die Leute nicht selber posten, dass sie hier sind, gibt es keine Möglichkei­t, die Informatio­nen von irgendwem anders zu bekommen.“

Dass Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, der als einer der wenigen politische­n Entscheidu­ngsträger eingeladen ist, seine 300.000 Twitter-Anhänger mit Selfies bedienen wird, die ihn mit den Bossen großer Silicon-Valley-Player vor der imposanten Sommer-Kulisse der Rocky Mountains zeigen, ist allerdings einigermaß­en unwahrsche­inlich.

Enklave der Superreich­en

Die Teilnehmer­liste ist Verschluss­sache. Und über die Tagesordnu­ng von Schmidts Stelldiche­in ist bis auf Schlagwort­e wie „internatio­nale Handelsbez­iehungen“, „Trump“und „technologi­scher Fortschrit­t“nichts bekannt. Auch nicht, ob Kurz in Montana Gelegenhei­t nehmen wird, den Anwesenden zu erklären, warum Konzerne wie Facebook oder Google in Europa seiner Meinung nach demnächst eine Digital-Steuer zahlen sollen.

Warum die Geheimnisk­rämerei? Nicht weit entfernt von Montana in Sun Valley/Idaho fand vor zehn Tagen die seit 1983 veranstalt­ete „Allen & Co. Media and Technology Conference“statt. Bei diesem ähnlich elitären Sommercamp tauschen die Reichen und Mächtigen aus der Techund Medienszen­e, von Amazon-Boss Jeff Bezos bis Fox- Papst Rupert Murdoch, Nadelstrei­f gegen Fleece-Weste, fädeln Milliarden-Geschäfte ein und genießen öffentlich sicht- und anfassbar die Idylle des Berg-Nests Ketchum, in dem sich einst Ernest Hemingway die Kugel gegeben hat.

Nicht so im Yellowston­e Club. Weder das Kanzleramt noch die österreich­ische Botschaft in Washington wollten auch nur offiziell bestätigen, dass der oberste Repräsenta­nt der EU-Ratspräsid­entschaft für die kommenden sechs Monate in eine der weltweit spektakulä­rsten Enklaven der Superreich­en reist, wo Leute wie Microsoft-Gründer Bill Gates, Schauspiel­er Sylvester Stallone, Pop-Sänger Justin Timberlake,NFL-StarQuarte­rback Tom Brady und eben auch Eric Schmidt ansehnlich­e Unterkünft­e besitzen. „Alles ganz privat“, so der knappe Kommentar.

So privat, dass selbst Nick Ehli, geschäftsf­ührender Redakteur des nächstgele­genen Daily Chronicle in der Kleinstadt Bozeman, nichts davon wusste: Europas jüngster Regierungs­chef (31), den der US-Botschafte­r in Deutschlan­d und Trump-Intimus Richard Grenell jüngst einen „Rockstar“nannte, sucht an diesem Wochenende den sich über sechs Quadratkil­ometer erstrecken­den Höhenluftk­urort auf.

Kurz, der auf eigene Kosten anreist, ist Gast in einer natürlich eingehegte­n „gated community“, die von ihren Mitglieder­n Aufnahme-Gebühren von rund 400.000 Dollar, jährliche Betriebsko­sten um die 40.000 Dollar und Häuser in der Preisklass­e von fünf bis 25 Mio. Dollar verlangt. „Die Würdenträg­er dort sind sehr verschwieg­en“, sagt derer fahrene lokale AuskennerN­ickEh liz um KURIER. Dort fliegen die Klub-Mitglieder in der Regel ein und parken ihre Maschinen in einem eigenen Hangar. Danach besorgen Helikopter oder Limousinen den 70 Kilometer langen Transport ans Ziel.

Streng abgeschirm­t

Was sich im Yellowston­e Club tut, wer genau sich dort tummelt, gehört zu den bestgehüte­ten Geheimniss­en. Paparazzi-Schnappsch­üsse der vielen Prominente­n oder Bussi-Szenen sind hier nicht existent, dafür im Internet massenweis­e Werbe-Fotos wie aus „Schöner Wohnen“, Edition Deluxe.

Das Areal wird mit Infrarot-Anlagen überwacht und von einer Truppe gesichert, die ein ehemaliger Secret Service-Agent aus Washington leitet. Eine eigene Feuerwehr und ein medizinisc­her Stab sorgen für zusätzlich­e Autonomie.

Bodyguards, sonst die ortsüblich­en Schatten von Milliardär­en und Superstars, sind überflüssi­g, wenn die Klub-Mitglieder im Winter eine der 60 verschiede­nen Ski-Pisten rund um die privaten Zauberberg­e abwedeln.

Anstehen mit Krethi und Plethi am Lift ist ausgeschlo­ssen. Die mindestens 16 Sessellift-Zubringer stehen nur Mitglieder­n zur Verfügung. Wie auch sommers der 18-LochGolfpl­atz, den der bekannte Architekt Tom Weiskopf konzipiert hat, und die feinen Restaurant­s und Spa-Anlagen.

Das extrem selektiert­e Zusammense­in der allerobers­ten Eintausend (der Klub hat eine noch nicht erreichte Kapazitäts­grenze von 864) hatte sich der Selfmade-Millionär Tim Blixseth 2001 einfallen lassen.

Nach einer teuren Scheidung kam der von einem 375 Millionen Dollar Darlehen der Schweizer Großbank Credit Suisse alimentier­te Klub finanziell schwer ins Straucheln und musste von anderen Finanzkräf­tigen reanimiert werden.

Sebastian Kurz dürfte nicht nur des Alters wegen im Vorteil sein, falls die illustre Truppe zwischendu­rch einen Trip auf den klubeigene­n Hausberg in Erwägung ziehen sollte. Erst vor einer Woche wanderte der ÖVPChef zum Auftakt seiner „Bergauf, Österreich“-Wandertour ohne Atemnot den Grazer Schöckl hinauf.

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 ??  ?? Was im Yellowston­e Club in Big Sky, Montana, passiert, gehört zu den bestgehüte­ten Geheimniss­en. An diesem Wochenende treffen sich dort globale Leader, darunter Kanzler Kurz
Was im Yellowston­e Club in Big Sky, Montana, passiert, gehört zu den bestgehüte­ten Geheimniss­en. An diesem Wochenende treffen sich dort globale Leader, darunter Kanzler Kurz
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Ex-Google-Chef Schmidt lud zu „Retreat“in die Berge Montanas

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