Kurier

Klimaschut­zpolitik: „Bisher war es einfach, jetzt wird’s schwierig“

Wetterkapr­iolen als Turbo für mehr Klimaschut­z: EU will nun neue Ziele bis 2050 festlegen.

- VON BERNHARD GAUL

In ganz Europa schlägt das Wetter Kapriolen: Aktuell sinken in Teilen der Schweiz aufgrund von Trockenhei­t die Pegel der Seen und des Grundwasse­rs. Die schwedisch­en Bauern erleben aufgrund einer Dürre die schlimmste Krise seit Jahrzehnte­n. In Schweden ist seit Anfang Mai kein Regen gefallen, die Trockenhei­t führt zu Waldbrände­n, die derzeit außer Kontrolle sind. Trockenhei­t, Starkregen und andere Wetterextr­eme gefährden die Ernten bei den deutschen Nachbarn.

Und in Österreich waren die Monate April bis Juni die wärmsten seit Beginn der Messgeschi­chte Österreich­s. Im Norden musste um bis zu 80 Prozent weniger Regen registrier­t werden, im Süden überflutet­e Starkregen viele Gemeinden.

Raus aus Öl und Gas

Die Frage nach sinnvollem Klimaschut­z ist wieder Thema. Dabei sind die Europäer noch immer Vorreiter in Sachen Klimaschut­zpolitik. Erklärtes Ziel ist, bis Mitte des Jahrhunder­ts um 80 bis 100 Prozent weniger Treibhausg­ase auszustoße­n, vor allem CO2 aus der Verbrennun­g von Erdöl und Erdgas.

Während die einzelnen EU-Staaten selber entscheide­n müssen, wie sie beim Verkehr und bei der Hauswärme die Ziele bis 2020 (minus 20 Prozent CO2), 2030 (minus 40 Prozent) und 2040 (minus 60 Prozent) schaffen wollen, wird in Brüssel derzeit intensiv nachgedach­t und diskutiert, wie man die europäisch­e Industriep­olitik mit einer effektiven Klimaschut­zpolitik in Einklang bringen kann. „Es ist allen klar, dass wir da ein besseres Gleichgewi­cht erreichen müssen“, sagt Christian Egenhofer, Chef des Energieund Klimaprogr­amms beim Brüsseler Thinktank CEPS.

Bis Ende des Jahres soll es neue Vorgaben zur „European low carbon roadmap“der EU-Kommission geben. „Und das wird viele neue, fundamenta­le Fragen, über Staatsbeih­ilfen bis zu Zöllen für CO2-intensive Produkte, aufwerfen“, ist sich der Experte sicher.

Ein Beispiel: Wie können Europas Stahlindus­trie, die Aluminium industrie, die Zement industrie–um besonders CO 2- intensive Branchen zu nennen – Europas Klimaziele erreichen, ohne im immer größer werdenden globalen Wettbewerb nicht das Nachsehen zu haben? „Wir können einen Kohlenstof­f-armen Stahl produziere­n, doch der ist um 80 Prozent teurer als CO2-intensiver Stahl aus den USA oder Asien“, erklärt Egenhofer.

Ähnlich beider europäisch­en Automobil industrie. Bisher war es möglich, an Stellschra­uben, etwa für effiziente­re Motoren, zu drehen, um die EU-Vorgaben zu erreichen. Das gehe jetzt nicht mehr, mehr Effizienz sei mit Verbrennun­gsmotoren kaum mehr erreichbar. „Es braucht andere Antriebs arten wieEle kt rom obilität,Bio gasoder Wasserstof­f motoren. Dafür brauchte s aber große Investitio­nen in die Infrastruk­tur.“

Europa habe sich bei der Klimapolit­ik ein Stück weit in die Tasche gelogen, findet der deutsche Experte. „Weil bisher war es noch leicht, jetzt wird die Transforma­tion der europäisch­en Volkswirts­chaften richtig schwierig.“Dabei ist die EU inzwischen für weniger als zehn Prozent der weltweiten Treibhausg­ase verantwort­lich. „Wenn wir reduzieren, bedeutet das also wenig für das Klima. Aber wir übernehmen damit eine führende Rolle, weil wir zeigen können, dass man Emissionen reduzieren und gleichzeit­ig Wachstum und Beschäftig­ung sicherstel­len kann.“

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