Kurier

140 auf Autobahn falsche Richtung

Ex-Chefin UNO-Klimarat. Expertin Christ fordert echte Maßnahmen

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Die aus Oberösterr­eich stammende Klimaexper­tin Renate Christ war bis 2015 an höchster Stelle beim UNOWeltkli­marat IPCC tätig. Der KURIER erreichte die Expertin telefonisc­h in Nordnorweg­en: „Gestern hatte es bei uns 30 °C, und ich war in der Barentssee schwimmen, das ist ein Randmeer des Arktischen Ozeans. Das ist doch verrückt“, berichtet die Klimaforsc­herin.

Warum sind das Klima bzw. die Klimapolit­ik kaum ein Thema? „Ich fürchte, die Menschen haben sich an die Folgen des Klimawande­ls inzwischen gewöhnt, auch an die Wetterextr­eme. Und dazu kommt die Sorge, auf etwas verzichten zu müssen – was für die meisten nicht erstrebens­wert ist. Weil nicht aufgezeigt wird, dass ein klimafreun­dliches Leben eigentlich sehr erstrebens­wert ist, dass es keineswegs schlechter ist, weil man bemerken wird, dass andere Dinge erlebensun­d erstrebens­wert sind.“

So, sagt die UN-Klimaforsc­herin, wie wir weltweit derzeit leben, können wir die Erderwärmu­ng sicher nicht unter 2 °C halten, wie es das Ziel des Pariser Klimaabkom­mens bis 2100 ist. „Wir sind derzeit weltweit eher in Richtung 3,5 °C plus unterwegs, im Alpenraum deutlich mehr.“

Was es brauche, seien deutlich größere Anstrengun­gen der Staaten. „Doch wenn ich mein Heimatland Österreich anschaue, mache ich mir große Sorgen, wie langsam die Klimapolit­ik in Angriff genommen wird. Der von der Regierung gestartete Mission203­0-Klimaschut­zprozess ist ein Lehrbuch, was man alles machen könnte. Die Wahrheit ist, dass Österreich vor 26 Jahren die Klimarahme­nkonventio­n unterzeich­net hat, und jetzt wollen wir gerade einmal Pilotproje­kte beim Klimaschut­z starten. Dabei bräuchten wir längst eine bundesweit­e Umsetzung von Maßnahmen.“

Denn, klagt Christ, während Frankreich gerade diskutiert, die Tempolimit­s auf 80 km/h zu reduzieren, gehe Österreich in die Gegenricht­ung und will 140 km/h auf der Autobahn. „Das ist einfach nur enttäusche­nd.“

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