Sowjet-Invasion: Zahlen & Fakten
Opferbilanz und Fluchtbewegung
Heute weiß man, dass die Invasion 411 Todesopfer unter der Zivilbevölkerung gefordert hat. Sie wurden erschossen oder überfahren. Niemand wurde je dafür zur Rechenschaft gezogen. Zwischen 100.000 und 200.000 Menschen – je nach Quellenangabe – haben das Land während und nach der Invasion verlassen.
Sowjetische Besatzung
Die Sowjet-Okkupation dauerte fast 23 Jahre lang. Der letzte russische Soldat verließ die ČSSR im Juni 1991. betrachtet. Wir sind entsetzt: „Die ganze Welt lässt uns im Stich!“Umso mehr rücken wir zusammen. Es herrschen beispielhafte Solidarität und Hilfsbereitschaft, die Versorgung funktioniert, nichts wird gestohlen. Tschechen und Slowaken stehen praktisch geschlossen hinter ihrer Staatsführung. Wären damals Wahlen abgehalten worden, die KP hätte haushoch gewonnen. Doch Alexander Dubček , der Regierungschef, und der Parlamentspräsident werden in Prag verhaftet und nach Moskau verschleppt.
Resignation
Lange wissen wir nicht, ob sie noch am Leben sind. Nach zehn Tagen kehren Dubček und seine Begleiter in zerknitterten Anzügen nach Prag zurück. Die Männer wirken um Jahre gealtert. Dubček kündigt mit gebrochener Stimme die „provisorische Stationierung“der Sowjettruppen in der ČSSR an. Die Stimmung im Volk kippt, tiefe Hoffnungslosigkeit macht sich breit.
In der österreichischen Vertretung in Prag stempelt Botschafter Rudolf Kirchschläger persönlich und gegen die ausdrückliche Weisung aus Wien Einreise-Visa in die Pässe der Fluchtwilligen. Für seine Zivilcourage wird er später vom EUParlament geehrt.
Das Straßenbild von Bratislava verändert sich, bekannte Gesichter verschwinden. „Hat sich nach Wien abgesetzt“, heißt es dann auf Nachfrage. Mir ist bewusst: Die Reisefreiheit, die ich noch vor wenigen Wochen gegenüber dem Flugbegleiter gelobt habe, wird verschwinden. Die Grenzbalken werden bleiern fallen.
Es ist die Zeit für existenzielle Entscheidungen. Am 20. November 1968 besteige ich mit nur einem Koffer und ohne Rückfahrkarte den Bus nach Wien. Die Frage, ob ich meine Liebsten in Bratislava je wiedersehen werde, lasse ich erst gar nicht zu.
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Lesen Sie morgen im KURIER: Die Flucht nach Österreich.