Alexander Dubček: Nach Moskau mit Würfelzucker
Ikone des „Prager Frühlings“. „Wieso haben sie es mir angetan“, fragte Alexander Dubček mit tränenerstickter Stimme, als er von dem Einmarsch der Warschauer-PaktTruppen erfahren hat.
Der Generalsekretär der tschechoslowakischen KP, der in der Sowjetunion aufgewachsen war und Slowakisch mit russischem Akzent sprach, empfand die Invasion als seine persönliche Niederlage. Als Leitfigur des „Prager Frühlings“, die große Unterstützung im Volk hatte, verhandelte Dubček mehrmals mit Leonid Breschnew und versuchte dem sowjetischen Führer zu erklären, dass es den Tschechen und Slowaken nur um einige Reformen gehe und dass die führende Rolle der KP nicht infrage gestellt werde.
Breschnew beruhigte ihn, er habe nichts zu befürchten. Eine trügerische Aussicht. In der Nacht auf den 21. August 1968 wurden Dubček und die ČSSR-Führung in seinem Büro verhaftet und nach Moskau verschleppt. In aller Hast steckte er zehn Zuckerwürfel ein. In Moskau musste er die Niederlage akzeptieren, die Stationierung der sowjetischen Soldaten in der ČSSR war fixiert.
Forstinspektor Dubček
Seine Karriere war zu Ende. Für kurze Zeit war er noch Parlamentspräsident, dann Botschafter in der Türkei. Letztendlich wurde Dubček aus der KP ausgeschlossen und musste seinen Lebensunterhalt in Bratislava als Forstinspektor verdienen. In die Arbeit fuhr er mit der Straßenbahn. Obwohl den prominenten Ex-Politiker alle kannten, wagte es keiner, ihn anzusprechen. Ein Kontakt mit Protagonisten des „Prager Frühlings“war in Zeiten der „Normalisierung“schädlich für die eigene Karriere.
Nach der „Samtenen Revolution“im November 1989 wurde Dubček rehabilitiert und zum Parlamentspräsidenten in Prag gewählt. Das Pendeln zwischen Bratislava und Prag wurde ihm zum Verhängnis. Alexander Dubček starb 1992 nach einem Unfall auf der Autobahn. Sein Ehrengrab in Bratislava ist stets mit frischen Blumen geschmückt.