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Schuld(en)zuweisung

Budgetpoli­tik. ÖVP-Minister Löger und Blümel rechnen der Stadt Wien eine „bedenklich­e Schuldendy­namik“vor

- VON ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Finanzmini­ster Hartwig Löger ist dank Sondereffe­kten, niedrigen Zinsen und guter Konjunktur in einer komfortabl­en Situation. Für 2019 ein Budgetüber­schuss von 541 Millionen Euro, die Wirtschaft applaudier­t. Die Staatsschu­ldenquote soll von derzeit 74,5 Prozent des BIP auf 70,9 Prozent sinken.

Bis zum Ende der Legislatur­periode soll sich die Staatsschu­ldenquote gar den im Maastricht­Vertrag vorgegeben­en 60 Prozent nähern. „Auf Bundeseben­e ge- hen wir mit gutem Beispiel voran. Erstmals seit 1954 geben wir 2019 weniger aus, als wir einnehmen “, frohlockt Löger.

Keine Freude hat der Finanzmini­ster allerdings mit der Schulden entwicklun­g der Stadt Wien :„ Die 2016 angekündig­te Wiener Verwaltung­sreform ist leider im Sande verlaufen. Hier bleibt viel Potenzial auf der Strecke.“Wien habe eine bedenklich­e Schuldendy­namik, die der Bund oder die anderen Länder so nicht aufweisen würden. Kanzleramt­sminister und Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel wirdnochde­utlicher: „Der Wiener Schuldenbe­rg stieg von 1,39 Milliarden (2007) auf 6,41 Milliarden im Vorjahr. Das ist ein Plus von 360 Prozent. Inklusive den Schulden der Unternehme­n beträgt der Schuldenst­and sogar 9,4 Milliarden Euro“, rechnet Blümel vor.

Allein Wiener Wohnen sitzt auf Verbindlic­hkeiten von 2,6 Milliarden. Was dem Krankenans­taltenverb­und (KAV) durch das Desaster um das Krankenhau­s Nord finanziell blüht, ist derzeit noch gar nicht abzusehen.

Die Bundeshaup­tstadt hat offenbar kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenpr­oblem. Die Gelder aus dem Finanzausg­leich flossen in den letzten Jahren reichlich. Von 4,54 Milliarden im Jahr 2009 auf 6,02 Milliarden im Vorjahr. Wien kommt nämlich beim Umverteilu­ngsschlüss­el gut weg. Würden die Bundes-Gelder pro Kopf verteilt, bekäme Wien rund 450 Millionen Euro weniger.

„Bei den eigenen Steuern erhöht Wien kontinuier­lich. 2009 betrugen die Einnahmen 1,114 Milliarden, 2017 waren es schon 1,409 Milliarden“, kritisiert Blümel. Warum die Neuverschu­ldung trotzdem jedes Jahr steige, „ist völlig unverständ­lich“.

Langzeit-Finanzstad­trätin Renate Brauner (SPÖ) hatte die wachsende Verschuldu­ng immer damit verteidigt, dass Wien sich aus der Finanz- und Wirtschaft­skrise hinaus investiere. Wenn sich das Wirtschaft­swachstum au feinem höheren Niveau stabilisie­rt habe, werde Wien Schulden zurückzahl­en.

Fragt sich, wann? Der Schuldenbe­rg der Stadt wurde im Vorjahr noch einmal höher–um 410 Millionen Euro. Brauner-Nachfolger Michael Hanke will für 2020 ein Null defizit schaffen.

Eines der Lieblingst­hemen der Wiener ÖVP ist die Reform der Mindestsic­herung. „Sparen im System heißt nicht automatisc­h, bei den Sozialausg­aben sparen“, assistiert Löger. „Wir geben im Budget 2018 49,6 Prozent und im Jahr 2019 rund 50,7 Prozent für soziale Sicherheit aus.“

Dass „seine“Schuldenku­rve nach unten gedreht hat, verdankt der Finanzmini­ster zu einem guten Teil ausgerechn­et den Banken. Die staatliche Bankenhilf­e und die Schulden der Abbaubanke­n ließen die Quote ab 2009 nach oben klettern. 2015 erklommen die Staatsschu­lden mit 84,3 Prozent den absoluten Höchstwert.

Ende des Vorjahres wurde nicht nur das Defizit kleiner, sondern vor allem die Schulden der Abbaubanke­n KA-Finanz (Kommunalkr­edit), Heta (Hypo Kärnten) und Immigon (Volksbanke­n). Deren Abwicklung dürfte auch für die nächsten Jahre besser laufen als ursprüngli­ch geplant war, vor allem bei der Heta.

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FRANZ GRUBER Harte Kritik an Wien: Finanzmini­ster Löger, Kanzleramt­sminister Blümel (rechts)
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