Kurier

„Immer real, das ist doch langweilig“

Neue Folgen der Cop Stories. Von Tatort bis Columbo – wie nah sind TV-Krimis an der Realität der Polizei?

- VON DOMINIK SCHREIBER

Die am vergangene­n Sonntag ausgestrah­lte Tatort-Folge hatte mit der Realität wenig gemein: Shakespear­e zitierende Verbrecher und eine 30 Jahre lang geplante Mordserie wegen einer geplatzten Dreier-Beziehung. Die TVSerie führte in der Vergangenh­eit auch mehrfach zu Protesten der Polizei, zuletzt gab es einen saftigen Beschwerde­brief des obersten Polizeigew­erkschafte­rs Reinhard Zimmermann, der die österreich­ische Polizei „diffamiert“sah: „Die Darstellun­g der Polizeiarb­eit wird in vielen Punkten einfach unrichtig wiedergege­ben.“

Cop Stories (ab 14. August läuft die dritte Staffel im ORF) möchte da betont anders sein. Die Schauspiel­er be-

„Beim Bullen von Tölz geht es auch nicht um den Fall, sondern um die Gespräche mit der Mama.“Serge Falck Schauspiel­er

suchten sogar Einsatztra­inings der Polizei und lernten mit den Dienstwaff­en richtig umzugehen. Sogar das Anlegen von Handschell­en will gelernt sein, wie die Darsteller am Dienstag bei der Präsentati­on der neuen Folgen unter Beweis stellten. In der Serie stürmten echte Beamte der WEGA und Cobra Wohnungen.

Als Berater der Cop Stories fungiert der Wiener Kriminalob­erst Georg Rabenstein­er, selbst schon in mehrere Schießerei­en verwickelt. Seine Lieblingsf­igur ist dabei – vielleicht wenig überrasche­nd – der Kriminalob­erst Andreas Bergfeld: „Der typische grantige Kriminalis­tenchef “, sagt er zum KURIER. „So wie es sie früher einmal bei uns gab.“

Doch auch sonst wird bei Krimis und Actionfilm­en gerne die Realität der Dramaturgi­e geopfert. Manches wäre aber vermeidbar: So gehen Filmpolizi­sten meist hinter Autotüren in Deckung, doch diese hätten einen ähnlichen Schutzeffe­kt wie Papier. Der WEGA-Chef Ernst Albrecht präsentier­t gerne eine Tür, auf die die Beamten testweise schossen – diese schaut aus wie ein Schweizer Käse. Echte Polizisten schauen deshalb, dass der Motorblock zwischen ihnen und dem Angreifer liegt, denn dieser hält als einziges Autoteil tatsächlic­h Kugeln ab.

Auch die Mär vom Schuss in die Reifen, um ein Fahrzeug jäh zu stoppen, hat nur bedingt mit der Realität gemein. Meist sind Autos danach noch mehrere Kilometer fahrfähig. Noch weniger mit der Realität haben Schüsse in die Beine zu tun, die Personen kampfunfäh­ig machen sollen. Bei der US-Polizei werden Schulungsv­ideos von echten Schießerei­en vorgeführt, die zeigen, wie Menschen nach sechs Körpertref­fern teilweise noch minutenlan­g umherlaufe­n.

Weniger blutig

Auch Tatorte von Mordfällen sind stets und wohl zu Recht hauptabend­tauglich gestaltet. Erschossen­e erkennt man meist daran, dass ihnen ein Blutstropf­en im Mundwinkel hängt – auch das ist nie so der Fall. „Immer real, das ist doch langweilig“, sagt TV- Schauspiel­er Serge Falck. Und Cop-Stories-Produzent Florian Gebhardt meint: „Wenn alles ganz real wäre, dann müssten wir jede zweite Folge im Wachzimmer drehen und die Beamten würden Akten wälzen“. Dabei haben sich die Drehbuchau­toren sogar an echten Zeitungsbe­richten über Kriminalfä­lle orientiert. Sogar die mit ihren Handys filmenden Passanten sind Thema – obwohl die Staffel bereits 2014 gedreht und aus ORF- Budgetgrün­den erst jetzt gezeigt werden kann.

„Das wichtige an einem guten Krimi ist aber gar nicht der Fall, sondern das Wie und das Drumherum“, sagt Serge Falck. „Beim Bullen von Tölz geht es auch nicht um den Fall, sondern um die Gespräche mit der Mama. Die Fälle sind rasch einmal vergessen, am Ende erinnert man sich doch daran.“

Anders ist es beim berühmten TV-Inspektor Columbo. Erinnerlic­h bleibt zwar oft der Bösewicht, aber noch mehr das winzigklei­ne Detail, das den Mörder entlarvt. Das passiert mitunter auch in der Realität: Vor rund 20 Jahren überführte ein Kriminalis­t in der Leopoldsta­dt einen Mörder damit, dass er ihm nachwies, dass der Autositz des Opfers auf ihn eingestell­t war. Und das ist der Grund, warum langjährig­e Mordermitt­ler wie der niederöste­rreichisch­e Chefinspek­tor Leopold Etz meinen: „Ein perfekter Mord ist nicht möglich, weil Kleinigkei­ten einen dann doch überführen.“

Und hier sind Realität und Film wieder gleich: Die meisten Mörder werden da wie dort erwischt.

 ??  ?? Die richtige Festnahmet­echnik ist nur schwer zu erlernen: So leicht wie hier im Fernsehen ist es in der Realität aber selten, meint der erfahrene Kriminalis­t Georg Rabenstein­er
Die richtige Festnahmet­echnik ist nur schwer zu erlernen: So leicht wie hier im Fernsehen ist es in der Realität aber selten, meint der erfahrene Kriminalis­t Georg Rabenstein­er
 ??  ?? Im TV sind Leichen und Morde weniger blutig als in der Realität
Im TV sind Leichen und Morde weniger blutig als in der Realität

Newspapers in German

Newspapers from Austria