Kurier

„Welche Matratze ist nicht fett?“

Wien Museum. Matti Bunzl, Direktor des Wien Museums, über den Aufbau, den Karlsplatz und das Geld

- VON GEORG LEYRER

Das Wien Museum am Karlsplatz soll aufgestock­t werden. Die Gesamtkost­en betragen 108 Millionen Euro.

KURIER: Wann startet denn der Umbau?

Matti Bunzl: So bald wie möglich.

Also gibt es noch keinen Termin?

Es war ein langer Prozess – für die Institutio­n weit über zehn Jahre. Jetzt sind wir in einer euphorisch­en Situation: Wir haben Ende April die Finanzieru­ng bekommen, Ende Juni die Flächenwid­mung. Als Nächstes geht es um die Einreichun­g und Erteilung des Baubeschei­ds. Parallel müssen Projektlei­tung und das Bauunterne­hmen ausgeschri­eben werden. Ich kann sagen, was ich mir wünsche. Aber es ist einfach nicht genau benennbar, ein Datum wäre fahrlässig. Ich bin sehr hoffnungsf­roh, dass wir 2019 wirklich bauen.

Scheitern könnte es noch am Denkmalamt?

Ich bin guten Mutes, dass das kein Problem ist. Wir haben auf das Engste mit dem Denkmalamt zusammenge­arbeitet, es war in den gesamten Prozess involviert.

Wie gefällt Ihnen der Entwurf?

Ich und viele im Haus lieben den Haerdtl-Bau. Und der Entwurf geht behutsam und gescheit mit ihm um.

Die neue Kulturstad­trätin, Veronica Kaup-Hasler, beruhigte im KURIER-Interview jene, denen der Aufbau nicht gefällt – Stichwort „fette Matratze“: „Man kann entspannt sein: Es wird ja nicht der erste Entwurf umgesetzt; der Aufbau wird durchaus etwas Leichtes und Schwebende­s bekommen“, sagte sie. Ist viel anders geworden?

Es schaut überhaupt nicht anders aus. Die Proportion­en haben sich minimal geändert. Wir werden den neuen Entwurf bald herzeigen. Ich sehe die Unterschie­de, aber die meisten würden das nicht. Wir haben uns gemeinsam mit den Architekte­n damit auseinande­rgesetzt, wie der neue Bau nach innen funktionie­ren wird, was wir im Fugengesch­oß machen, wie wir die Büros organisier­en, wo die Garderoben für Schulklass­en sein sollen...

Aber die Unsicherhe­it beim Baustart klingt schon ein bisschen nach Horror. Eigentlich sollte bereits 2017 gebaut werden.

Wie macht man da Ausstellun­gen? Ins Blaue hinein?

Das klingt ja fast dystopisch (lacht). Wenn man nicht damit rechnet, dass sich intendiert­e Daten bei so einem Bauprojekt verschiebe­n, ist manunglaub­lich naiv. Wir hatten immer Plan A, B und C. Wenn wirklich 2017 Baustart gewesen wäre – man kann diskutiere­n, wie realistisc­h das war –, dann hätten wir die Otto-Wagner-Ausstellun­g woanders gezeigt. Aber es ist keine Krise, die hier im Haus zu haben, mit bisher 60.000 Besuchern. Meine Traurigkei­t war enden wollend.

Laut „Falter“hat es wegen der Verschiebu­ng Tränen gegeben.

(lacht) Sonst wird mir immer vorgeworfe­n, nicht emotional zu sein! Ich finde Melodramat­ik in der Kulturpoli­tik ganz witzig. Wahnsinnig happy war ich an dem Tag nicht.

Wie geht es Ihnen mit der „fette Matratze“-BoulevardK­ampagne gegen den Aufbau?

Mich stört das nicht so sehr. Neue Architektu­r hat es in Wien – das wusste schon Otto Wagner – immer schwer. Ich finde ja die poetischen Fragen dazu lustiger – welche Matratze ist nicht fett?

Am Karlsplatz ist es noch einmal schwierige­r.

Die Entscheidu­ng, nicht zum Hauptbahnh­of abzuwander­n, sondern am Karlsplatz zu erweitern, war eine stadtplane­rische Herausford­erung erster Stufe. Was kann man in so einer Lage machen – neben der Karlskirch­e? Das Wien Museum ist einfach zu niedrig, es war für eine andere Platzkonze­ption geplant. Der Entwurf korrigiert das genau auf die Höhe – vom Musikverei­n, von den Häusern hinter uns. Eine noch einfachere Geste: Es gibt Stufen zum Museum. Eine fatale Symbolik. Die Architekte­n haben gesagt: Das geht nicht, wir heben die Plaza an und machen einen direkten Fluss aus der Stadt ins Museum. Eine so simple Sache, die fundamenta­l wichtig ist. Keine Barrieren.

Wird das Geld reichen?

Ja. Ich bin absolut zuversicht­lich.

Also wird das kein „nächstes Krankenhau­s Nord“?

Jedes Großprojek­t hat ein Budget. Wenn es gut aufgesetzt wird, wird das eingehalte­n. Was soll man gegen ein Argument wie „Es wird schrecklic­h werden“sagen? Ich kann das Gegenteil beweisen, indem ich es gut mache.

Werden Sie den Aufbau selbst bespielen? Ihr Vertrag läuft bis 2020, gebaut wird bis mindestens 2022.

Was dann passieren wird, ist nur bedingt meine Entscheidu­ng. Es gab darüber noch keine Gespräche. Die Stadträtin hat mit Kunsthalle, Festwochen, Volkstheat­er personelle Baustellen. Aber natürlich macht es mir wahnsinnig Spaß.

Und was passiert dann auf dem vielen Quadratmet­ern?

Wir planen auf allen drei Geschoßen des Bestandsba­us eine ganz neue Dauerausst­ellung. Jetzt sehen wir da großartige Objekte. Aber wer sind die Menschen, die diese Objekte verwendet haben? Wie bettet sich diese materielle Geschichte ein in die Sozial- und Kulturgesc­hichte? Und wie und wem erzählt man das heute? Es soll ein Ort des Austausche­s sein, die Bildungsin­stitution Nummer eins der Stadt. Es gibt keinen besseren Ort, um Heimat kritisch zu befragen – und zu öffnen.

Und oben, bei den Sonderauss­tellungen?

Es gibt viele, viele Fantasiepr­ojekte.

Verraten Sie doch Ihr liebstes!

Okay. Eine riesige Frage ist der Klimawande­l. Mein Plan ist eine Ausstellun­g unter dem Titel „Vor dem Klimawande­l – Winter in Wien“: Eine Kulturgesc­hichte der Kälte in der Stadt. Wien war früher kälter, es hat irrsinnig viel geschneit. Da gibt es nostalgisc­he Aspekte – aber auch Sozialgesc­hichte: Wie haben die Menschen geheizt, was hieß das ökologisch? Und die Frage, was es heißt, dass sich das geändert hat. Das kann man in so einer Ausstellun­g deutlich machen.

 ??  ?? So soll der Karlsplatz in Wien künftig aussehen: Das Wien Museum (im Bild links) wird aufgestock­t, das Versicheru­ngsgebäude könnte von der Karlskirch­e und vom Museum abrücken
So soll der Karlsplatz in Wien künftig aussehen: Das Wien Museum (im Bild links) wird aufgestock­t, das Versicheru­ngsgebäude könnte von der Karlskirch­e und vom Museum abrücken
 ??  ?? Finanzdire­ktorin Christina Schwarz und Direktor Matti Bunzl auf dem Dach des Wien Museums
Finanzdire­ktorin Christina Schwarz und Direktor Matti Bunzl auf dem Dach des Wien Museums

Newspapers in German

Newspapers from Austria