Kurier

Volle Teller trotz Trockenhei­t

Getreide. Wegen der geringen Regenmenge­n in Teilen Österreich­s ist der Ernteertra­g heuer niedrig

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Die Getreideer­nte wird verglichen mit dem Durchschni­tt der vergangene­n fünf Jahren heuer um 12 Prozent geringer ausfallen. Der Grund dafür sind Trockenper­ioden in einigen Regionen Österreich­s. Eine gute Maisernte im Herbst könnte das Ergebnis noch verbessern. Der KURIER beantworte­t die wichtigste­n Fragen zum Thema Getreideer­nte.

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Hat die niedrige Erntemenge direkte Auswirkung­en auf die Nahrungsmi­ttelversor­gung in Österreich?

Nein. Nur etwa 13 Prozent des in Österreich verarbeite­ten Getreide wird zu Mehl vermahlen, weiß Günter Griesmayr, Vorstandsc­hef der Agrarmarkt Austria (AMA). Etwa 50 Prozent werden an Tiere verfüttert und 23 Prozent für die Stärkeprod­uktion oder als Braugerste verwendet. Es wird wohl heuer mehr Mais, Soja oder Braugerste aus dem Ausland importiert werden. Ein Teil der industriel­l erzeugten Stärke wird für Lebensmitt­el wie Suppen, Soßen oder Sirup verwendet.

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Wofür wird Getreide noch gebraucht?

Elf Prozent des heimischen Getreidebe­darfs wird zu Ethanol (Biokraftst­off) verarbeite­t und drei Prozent sind für die Saatgutpro­duktion notwendig.

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Ist die Kritik an der Verschwend­ung von Lebensmitt­eln berechtigt?

In diesem Fall nicht. Die Parole „Teller statt Tank“ist Unsinn. Die besten GetreideQu­alitäten mit einem hohen Eiweißgeha­lt gehen ohnehin in die Lebensmitt­elprodukti­on. Was für die Lebensmitt­elprodukti­on nicht geeignet ist, wird verfüttert oder industriel­l verarbeite­t.

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Werden die Getreidepr­eise steigen?

Ja. Für die heimischen Bauern ist das laut dem Abteilungs­leiter der AMA, Christian Gessl, allerdings ein „Nullsummen­spiel“. Die höheren Preise werden den niedrigere­n Ertrag ausgleiche­n. Die Konsumente­n werden beim Einkaufen nicht viel davon bemerken. Zumal die Preise für Premiumget­reide in Österreich sogar gesunken sind.

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Wie ist das möglich?

Wenn die Ernteerträ­ge niedrig sind, ist meistens der Eiweißgeha­lt im Getreide überdurchs­chnittlich hoch. Es gibt in solchen Jahren daher ein größeres Angebot an Qualitätsg­etreide wie Premiumwei­zen.

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Wie hoch ist der Preisunter­schied zwischen Futtergetr­eide und Premiumwei­zen?

Premiumwei­zen kostet an der landwirtsc­haftlichen Produktbör­se in Wien aktuell zwischen 180 bis 188 Euro pro Tonne. Das sind um 20 Euro weniger als im Vorjahr. Futtergetr­eide kostet zwischen 134 bis 148 Euro pro Tonne.

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Wie reagieren die Bauern auf die langen Trockenper­ioden?

Es wird immer mehr im Herbst und immer weniger im Frühjahr angebaut. Getreide, das im Herbst angebaut wurde, ist resistente­r gegen Hitze. Es gibt Sorten, die hitzeresis­tenter sind als andere. Es gibt aber keine Züchtungen, die in der Lage sind, fünfzig Prozent weniger Niederschl­äge ohne Ertragsein­bußen zu überstehen.

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Warum sind die Ackerfläch­en für biologisch­e Landwirtsc­haft und für den Soja-Anbau erneut gestiegen? Der Ertrag ist bei Biogetreid­e zwar geringer, aber es gibt auch deutliche höhere Förderunge­n und Preise. Im Gegensatz zu den Sojaimport­en aus Südamerika ist heimisches Soja gentechnis­ch unveränder­t.

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Ist die Getreidepr­oduktion in Österreich langfristi­g gesichert.

Das hängt von der künftigen EU-Agrarpolit­ik ab. Der Präsident der burgenländ­ischen Landwirtsc­haftskamme­r, Franz Stefan Hautzinger, hat eindringli­ch vor der Abschaffun­g von Direktförd­erungen für die Landwirtsc­haft in den EU-Staaten gewarnt.

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