Kurier

Hightech-Offensive: „China will das bessere Deutschlan­d werden“

Made in China 2025. ING-Diba-Chefökonom Carsten Brzeski warnt: Europas großen Exporteure­n droht mächtige Konkurrenz.

- VON H. SILEITSCH-PARZER

In zehn bis fünfzehn Jahren könnte Chinas Industrie eine echte Herausford­erung für Deutschlan­d und Österreich sein: Die Strategie 2025 sei „nichts anderes als Industrie 4.0, aber mit mehr Kraft und Engagement“, sagte Carsten Brzeski, Chefökonom der deutschen ING-Diba, vor Journalist­en in Wien.

Die Zeiten, in denen China die Welt mit billigen Konsumarti­keln geflutet hatte, sind vorbei. 2015 hatte Chinas kommunisti­sche Führung einen Zehn-Jahres-Plan ausgerufen, wonach die Industrie modernisie­rt werden soll. Der Fokus liegt auf zehn Hightech-Branchen, darunter IT, innovative Materialie­n, Luftund Schifffahr­t sowie Medizin- und Energietec­hnik.

Ein zweites Japan?

Somit dürfte Chinas Exportstru­ktur künftig ähnlich aussehen wie jene der europäi- schen Exportnati­onen. Deshalb hat sich auch der Investment­fokus verschoben: Früher galt das Interesse Afrika, wo sich China den Zugriff auf Rohstoffe sicherte.

Jetzt sind deutsche Industriep­erlen das Objekt der Begierde: von der Luxusmöbel­marke Rolf Benz über Kurbelwell­enherstell­er Feuer Powertrain, der Geely-Beteiligun­g an Daimler bis zur Industrier­einigungsf­irma Ecoclean, der Privatbank Hauck & Aufhäuser und dem Arzeimitte­lherstelle­r Biotest. Heuer werden chine- sische Investitio­nen von 10 Milliarden Euro allein in Deutschlan­d erwartet.

Von der Kopier-Werkstatt zur Hightech-Schmiede: Diesen Aufstieg hatte vor einigen Jahrzehnte­n Japan hinter sich. Damals gab es ebenfalls Schlagzeil­en, Nippon würde auf Jahrzehnte die Weltwirtsc­haft dominieren. Es kam anders: Japan erreichte zwar hohen Lebensstan­dard, schleppt aber nach einer Immobilien­blase und Finanzkris­e einen hohen Schuldenbe­rg mit sich. Dass China ein ähnliches Schicksal ereilt, glaubt Brzeski nicht. Das Land sei viel größer, in der ländlichen Bevölkerun­g gebe es viel Aufholbeda­rf. Auch China sei hoch verschulde­t – in Summe aber nicht höher als die USA.

Zins bleibt tief

Japanische Verhältnis­se prophezeit Brzeski indes der Eurozone: Niedrigzin­sen für sehr lange Zeit. Er erwartet, dass die EZB den Leitzins Ende 2019 auf ein Viertelpro­zent hebt. Ein Prozent Zinsen gebe es wohl erst 2021. Harte Zeiten für Sparbücher und Zinsproduk­te.

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Die Herstellun­g von Solarpanel­en – wie hier in der 4,7-Millionen-Stadt Jiujiang – war erst der Anfang

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