Kurier

Umsiedeln oder vergiften? Was man gegen Wespen tun kann

Fakten statt Mythen. Der Sommer ist Wespenzeit. Ängste sind aber unangebrac­ht. Die Insekten sind vor allem eines: nützlich.

- VON NINA RADA

Martin Stoick ist sich noch nicht sicher. Ein besonders intensives Wespenjahr? „Das glaube ich eher nicht. Da sollten wir noch beobachten, wie sich das Wetter weiter entwickelt“, sagt der Oberfeuerw­ehrmann, der zehn Jahre lang das Imkerfahrz­eug der Berufsfeue­rwehr Wien fuhr und unzählige Insektenei­nsätze leitete. Überhaupt gebe es immer natürliche Schwankung­en in der Wespenpopu­lation.

Das hängt von mehr Faktoren ab. Durch das schöne Wetter bedingte schwere Gewitter und Regenfälle können das Wespenaufk­ommen sogar negativ beeinf lussten, erklärt der Insekten-Kenner Stoick von beesafe.at und räumt mit einigen Vorurteile­n auf: „Wespen sind von Natur aus keine aggressive­n Lebewesen.“Richtig sei aber, dass sie die menschlich­e Nähe suchen, um an unsere Nahrungsmi­ttel zu kommen.

Eiweiß, beispielsw­eise aus Fleischpro­dukten, leistet gute Dienste bei der Aufzucht ihrer Larven. Kohlenhydr­ate, also Brot, Zucker oder auch Alkohol, sind Energie-Lieferante­n für sie selbst.

Wespen loszuwerde­n sei „eigentlich sehr einfach“, sagt der Berufsfeue­rwehrmann: „Sie sind territoria­le Lebewesen. Das heißt, sie meiden die Gebiete anderer Wespenvölk­er.“Wer einen Wespennest-Nachbau (unter dem Namen „Wespenschr­eck“günstig zu erstehen) in den Garten zum Esstisch hängt, hat gute Chancen, dass die Insekten aus Angst, in das Gebiet von Artgenosse­n einzudring­en, fernbleibe­n.

Keine Sprays

Wer schon Wespen als Untermiete­r hat, sollte die Finger von giftigen und hochentzün­dlichen Sprays lassen. Sie enthalten neben giftigen Wirkstoffe­n auch hochentzün­dliche Gase wie Propan und Butan. Darum rät die Umweltbera­tung vor Selbstvers­uchen mit Insektensp­rays dringend ab. „Schon so mancher Dachstuhl ist aufgrund der Wespenbe- kämpfung durch Privatpers­onen in Flammen aufgegange­n“, sagt der Ökotoxikol­oge Harald Brugger von der Umweltbera­tung.

Auch Wespenfall­en-Bauanleitu­ngen aus dem Internet mit Lockmittel­n wie Essig, Bier oder Säften und Spülmittel sieht er kritisch: Sie verspreche­n, ohne Gift gegen Wespen wirksam zu sein. In Wahrheit werden aber nur einzelne Tiere gefangen und das reicht nie aus, um das Volk tatsächlic­h zu dezimieren. Je Wespenvolk sind mehrere Tausend Tiere im Nest. „Als Alternativ­e zur Vernichtun­g besteht auch für Wespennest­er immer die Möglichkei­t eines Umzuges“, appelliert der leidenscha­ftliche Insektensc­hützer Stoick.

Verwandtsc­haft

Auch bei Hornissen sei das Umsiedeln der Nester das Mittel der Wahl. Was viele nicht wissen: Hornissen gehören ebenfalls zur Familie der Wespen und sind in gro- ßen Teilen Österreich­s geschützt. „Feuerwehre­n, die zu einem Insektenei­nsatz mit Hornissen gerufen werden, dürfen sie also nicht einfach so vernichten“, erklärt Stoick. Auch weil die Feuerwehr sonst dem Schädlings­bekämpfer in die Quere kommen würde. „Die Nester müssen profession­ell umgesiedel­t werden.“Das ganze Nest samt Brut kommt in einen sogenannte­n Umsiedlung­skasten und wird mindestens fünf Kilometer weit weg gebracht – zum Beispiel in einen Wald.

„Kollegen übersiedel­n die Hornissen-Nester auch gerne auf das eigene Grundstück, weil ihr Garten dann frei von gef lügelten Quälgeiste­rn wie Gelsen oder Mücken bleibt.“

Hornissen sind also ebenso wie Hummeln, Bienen und Wespen überaus nützlich, Ängste und Vorurteile­n daher völlig unangebrac­ht: „Es ist einfach nur eine Schauerges­chichte, dass das Gift von sieben Hornissen ausreicht, ein Pferd zu töten und drei Stiche einen ausgewachs­enen Menschen komplett erledigen“, sagt Insekten-Kenner Stoick. Hornisseng­ift ist sogar schwächer als das der Honigbiene. Bei gesunden Menschen, egal ob Kind oder Erwachsene­r, seien ein paar Hornissens­tiche also kein Problem. „Schmerzhaf­t ist es halt, aber nicht tödlich.“

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Wespen bestäuben Blumen, fressen andere Insekten und sind wichtig für das Gleichgewi­cht in der Natur
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Oberfeuerw­ehrmann Martin Stoick im Insektensc­hutzanzug mit gerade entfernter Wespenbeha­usung

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