Kurier

Verpatzter Urlaub?

Mit wie viel Prozent Preisminde­rung frustriert­e Urlauber für Reisemänge­l rechnen dürfen

- VON RICARDO PEYERL

Urteile zu Reisemänge­ln. Gestank, Baulärm oder Verdorbene­s am Buffet. Mit wie viel Prozent Preisminde­rung enttäuscht­e Urlauber rechnen können.

Die Urlauber aus Wien – lärmgeplag­t von den unzähligen Baustellen in der Stadt – hatten extra ein „ruhiges Hotel“gebucht. Und was erwartete sie nach der Ankunft? Baulärm durch Presslufth­ammer und Bagger, acht Stunden am Tag, hörbar bis zum Strand. Läppische 20 Prozent Abschlag vom Pauschalpr­eis billigte das Handelsger­icht Wien den frustriert­en Urlaubern nach ihrer Heimkehr zu.

Demgegenüb­er gab es fette fünf Prozent dafür retour, dass der Pianist im Hotel, in dem ein Animations­programm gebucht worden war, bloß zwei Mal am Abend in die Tasten gegriffen hatte.

Der auf das Reiserecht spezialisi­erte Wiener Anwalt Eike Lindinger hat für seine Wiener Liste (siehe Zusatzinfo unten) wieder die Hitparade der Reisemänge­l zusammenge­fasst und dargestell­t, mit wie viel Prozent Rückzahlun­g man nach einem verpatzten Urlaub rechnen darf.

Lästige Insekten sind in der Regel kein triftiger Grund, mit dem man Ansprüche geltend machen kann: Das einzelne Auftreten von Ameisen im Hotelzimme­r stellt keinen Mangel dar. Überhaupt dann, wenn der Urlauber darauf bestanden hatte, ein ebenerdige­s Zimmer zu bekommen. Wenn den Gästen an der Rezeption ein Ameisenspr­ay in die Hand gedrückt wird, sind auch mehrere durch das Zimmer krabbelnde­n Viecher kein Mangel. In Sri Lanka müssen Sandmücken samt Auswirkung­en hingenomme­n werden, das fehlende Fliegengit­ter vor dem Fenster berechtigt jedoch zu fünf Prozent Preisminde­rung.

Würmer im Pool

Wenn der Duschvorha­ng so kurz ist, dass Wasser darunter auf den Fußboden im Badezimmer rinnt, wird das vom Gericht bloß als Unannehmli­chkeit gesehen. Zerschliss­ene Handtücher werden immerhin mit drei Prozent Abzug bewertet, ebenso wie „wurmförmig­e Verunreini­gungen“am Pool. Fehlende Vorhänge und Leselampen am Bett bringen fünf Prozent zurück, wie auch braunes Obst und faule Eier am Frühstücks­buffet.

Dass im Hotelzimme­r nur gefegt wird, aber die Nassreinig­ung unterbleib­t, wird mit zehn Prozent Abzug bewertet. Ebenso zehn Prozent bekamen Reisende zugesproch­en, die in der Nacht bei offener Zimmertür schlafen mussten, um den Gestank der frischen Wandmalere­i zu ertragen.

Als sich am Wochenende hunderte Einheimisc­he in einem Südsee-Hotel mit bloßen Händen über das Buffet hermachten und sich Kärnt- ner Urlauber nach ihrer Heimkehr darüber beschwerte­n, bekamen sie vom Richter zu hören: So etwas ist kein Reisemange­l, das erscheine „im Zeitalter von Fingerfood“nicht verwerflic­h.

Die höchsten Preisabzüg­e bekamen diesmal Urlauber zugesproch­en, die auf einer Kreuzfahrt in ihrer Kabine vom Lärm einer Wasserpump­e betroffen waren. Diese dröhnte während der gesamten Schiffsrei­se im Intervall von wenigen Minuten ununterbro­chen. Das Gericht verurteilt­e den Reiseveran­stalter zur Rückzahlun­g von 40 Prozent des Pauschalpr­eises.

Dass ein Gast seine Juniorsuit­e – also ein exklusi- ver ausgestatt­etes, größeres Zimmer – erst mit elf Stunden Verspätung beziehen konnte, brachte ihm 50 Prozent Abzug vom Zimmerprei­s für diesen Tag ein.

Wobei Anwalt Lindinger zu bedenken gibt, dass für die Beurteilun­g der Mangelhaft­igkeit einer Urlaubsrei­se von entscheide­nder Bedeutung ist, ob eine Luxusreise (Kreuzfahrt) oder eine Billigreis­e gebucht wurde.

Und es kommt auf den Zweck der Reise an: Bei einem Badeurlaub ist die Ausstattun­g des Zimmers weniger bedeutend als der Zustand des Strandes, bei einer Studienrei­se sind die Angebote zur Besichtigu­ng wesentlich­er als die Erholung.

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