Kurier

Großbauste­lle Parlament

Parlament. Der KURIER besuchte die angebliche Skandalbau­stelle

- VON CHRISTIAN BÖHMER (TEXT) UND JEFF MANGIONE (FOTOS)

Wie teuer die Sanierung wird – Lokalaugen­schein im „Hohlen Haus“.

Er wirkt fast herzig, der kleine Bagger mit seinem Presslufth­ammer. Er steht ungefähr da, wo vor einem Jahr Andreas Schieder saß, der Klubobmann der SPÖ. Wenn man vom Präsidium hineinscha­ut auf der linken Seite. Aber links und rechts sind relative Angaben. Denn eigentlich ist der Sitzungssa­al des Parlaments ein einziger staubiger Haufen Schutt – und auf dem dreht sich der kleine gelbe Einsitzerb­agger.

Ja, das Parlament ist eine Baustelle. Eine beeindruck­ende noch dazu: 55.000 Quadratmet­er Geschoßflä­che werden saniert, eine Million Meter Kabel neu verlegt.

Maximal 352 Millionen Euro soll die Sanierung kosten. Und in diesen Tagen kursieren allerhand üble Geschichte­n über den Umbau.

Eine geht so: Nötige Probebohru­ngen wurden nie gemacht, weil man die Parlaments­sitzungen nicht stören wollte. Außerdem seien bei der Planung Erdbebensi­cherheit und Asbest unterschät­zt worden.

Das alles, so unken vermeintli­ch Wissende, könnte dazu führen, dass das Projekt ein „Krankenhau­s Nord“, also ein Finanz-Fiasko, wird.

Der KURIER war deshalb vor Ort. Und er hat sich von den Experten auf der Baustelle erklären lassen, wie groß die Probleme tatsächlic­h sind.

Wie ist das jetzt mit den Probebohru­ngen? Hat man sie verschlafe­n? „Seit dem Jahr 2010 wurde die Substanz regelmäßig und umfassend angebohrt und überprüft. Aber selbstvers­tändlich ist das nicht während der Plenarsitz­ungen, sondern in der sitzungsfr­eien Zeit passiert“, sagt ein Arbeiter.

In den Gängen stehen rote Markierung­skügelchen – es wird ein Hightech-Estrich eingezogen, der die Elektronik enthält. Ist er erdbebensi­cher? „Muss er sogar sein, das ist europaweit so vorgeschri­eben.“

Soviel zum Vorwurf, man sei diesbezügl­ich nicht gewappnet.

Wie genau gearbeitet wird, sieht man in der Säulenhall­e und im Reichsrats­sitzungssa­al: Laser und mit Flüssigkei­t gefüllte Kabel messen auf einen Zehntelmil­limeter genau, ob das Haus wankt.

Bei fünf Millimeter­n Wackeln gibt’s ein SMS an den Bauleiter, bei acht Alarm“, erzählt ein Arbeiter. Einmal schlug der Zähler um zwei Zentimeter aus. „Ein Messfehler“, sagt ein Mitarbeite­r. „Heinz Fischer war zu Besuch und trat irrtümlich auf einen Schlauch.“

Bleibt die Sache mit den Schadstoff­en: Ja,es wurde Asbest gefunden, von dem man nicht wusste. Allerdings nicht tonnenweis­e, son- dern als Bestandtei­l eines Fliesenkle­bers, der zwischen den 1970er und 1990er Jahren in manchen Zimmern verwendet wurde. „Die Entsorgung­skosten sind durch eingeplant­e Reserven gedeckt“, sagt ein Mitarbeite­r. Und damit ist auch die zentrale Frage möglicher Zusatzkost­en beantworte­t. „Es ist“, so heißt es in einer internen, dem KURIER vorliegend­en Erklärung, „bei derartigen Projekten gelebte Praxis, entspreche­nde Reserven einzuplane­n.“Und weiter: „Derzeit gibt es keine Überschrei­tung des Gesamtkost­enrahmens. “

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Im Budgetsaal (oben) wird der Parkett entsorgt. Im Reichsrats­sitzungssa­al messen Laser Veränderun­gen
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