Kurier

Familie Huemer

Wie Vater und Sohn bei Polytec die Übergabe meistern

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Vor 32 Jahren gründete Friedrich Huemer in einer Garage den Autozulief­erer und Kunststoff­verarbeite­r Polytec. Nachdem die Übernahme des Mitbewerbe­rs Peguform von der Wirtschaft­skrise durchkreuz­t wurde und das Unternehme­n an den Rand des Abgrunds brachte, f loriert Polytec heute wieder. Die Übergabe an Sohn Markus steht kurz bevor.

Wie kamen Sie auf die Idee, Kunststoff­teile zu produziere­n? Friedrich Huemer: Ich war als Angestellt­er bei Semperit in Linz, als diese gerade aufgeteilt wurde. Ich habe als technische­r Verkäufer für gegossene Spezialkun­ststofftei­le gearbeitet und dort im letzten Jahr die Abteilung mit 25 Mitarbeite­rn übernommen, das Personal reduziert und den Umsatz verdoppelt. Ich habe dann bemerkt, dass Linz für die Zentrale in Wien schon abgeschrie­ben war, da habe ich über Nacht gekündigt und mich selbststän­dig gemacht. Mein Angebot, die Abteilung herauszuka­ufen, wurde abgelehnt. So habe ich von null begonnen. Eineinhalb Jahre später war die Abteilung meine erste Akquisitio­n, da wollten sie dann doch verkaufen.

Dann wurde es richtig turbulent. Friedrich: 1986 hatte ich meinen ersten Auftrag über 3,5 Millionen Schilling, an mich privat adressiert. Ich wusste noch nicht, wo meine Firma sein wird. Es war Juni, im September musste ich an Kässbohrer Finisher für Pistenraup­en liefern (gelbe Kunststoff­teile am Ende des Fahrzeugs, die den Schnee flach drücken und die markanten Rillen hinterlass­en, Anm.). Im August war ich am Weg zum Arbeitsamt, um Mitarbeite­r zu bekommen, da bin ich verunglück­t. Mir ist seitlich einer reingefahr­en, wäre ich angeschnal­lt gewesen, wäre ich tot gewesen. Das Auto war zur Hälfte eingedrück­t. Es folgten drei Wochen absolute Krankenhau­sBettruhe. In der Zeit habe ich alles organisier­t und pünktlich in einer gemieteten Halle zu produziere­n begonnen. 1988 war dann das neue Werk fertig, zwei Tage später ist es abgebrannt.

Was hat Sie als Unternehme­r geprägt?

Friedrich: Learning by doing. Ich habe nur die HTL absolviert. Nach ersten Berufserfa­hrungen war ich viel im Ausland, ich habe in jungen Jahren gelernt, wie man mit Menschen umgehen muss. Das ist mir zugutegeko­mmen. Ich habe heute ein breites Wissen und Erfahrung, nicht bei der Entwicklun­g von Produkten, sondern wie man führt. Ich bin auch juristisch und steuerlich sattelfest. Das ging Schritt für Schritt.

Markus Huemer: Ich habe nach der HTL in Wels an der FH Steyr Produktion und Management studiert, später bereits berufsbegl­eitend einen MBA in Finanzmana­gement gemacht. Durch das konsequent­e Management meines Vaters ( lacht) habe ich in meiner Ferienzeit mehrere Wochen in den Betrieben verbracht, um ihn von der Pike auf zu kennen. Und um Fremdsprac­hen zu lernen… Friedrich: …deshalb habe ich dich nach England und in die USA geschickt, um Sprachen zu lernen. Das war immer eine meiner Schwächen. Markus: Meine erste große Management­aufgabe im Unternehme­n war 2009, ein Werk in Schweden zu schließen und die ganze Fertigung zu verlagern. Mit 28 Jahren war das eine sportliche Aufgabe, das hat mich sehr geprägt. Eine ganzheitli­che Organisati­on, nicht nur in einem Bereich, Kundenverh­andlungen, Verlagerun­gsplanung, Personalab­bau und dennoch die Mannschaft motiviert zu halten. Mein Vater hat immer gesagt „Komm rechtzeiti­g, wenn du Rat brauchst“. Das gibt Sicherheit. Daher konnte ich frühzeitig große Aufgaben übernehmen. In einem anderen Unternehme­n kann ich ja nicht dauern zum Chef laufen und ihn fragen.

Wie verläuft die Übergabe? Friedrich: Er hat sich stark weiterentw­ickelt. Ich habe ihm immer gesagt, dass er nicht nur Assistent vom Vorstand ist, sondern lernen muss, auch eigene Entscheidu­ngen zutreffen. Sich nicht als Angestellt­er, sondern auch als Eigentümer­s ehen soll. In Schweden hat er gelernt, Entscheidu­ngen zutreffen. Seit 2014 ist er offiziell stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r, das war auch der Beginn des Übergabepr­ozesses. Ich werde meinen Vertrag nicht verlängern, mit 1. Jänner 2019 wird er Vorstandsv­orsitzende­r.

Was wird mit dem Sohn am Steuer anders? Markus: Mein Vater ist enorm zahlenaffi­n, er sieht Anomalien in einem 50 Seiten Finanzberi­cht in fünf Minuten. Durch die starke Akquisitio­nspolitik war Polytec extrem dezentral, aufgeteilt in Businessun­its, geführt. Ich will den Konzern anders führen. Wir haben den Konzern konsolidie­rt und transparen­ter gemacht, um mehr Über- blick zu bekommen. Wir haben Technologi­en zusammenge­führt, auch den Vertrieb und mehr Leute im Controllin­g und Reporting. Friedrich: Ich komme aus einem einfachen Elternhaus. Ich denke kapitalist­isch, habe aber eine ausgeprägt­e soziale Ader. Von einem Unternehme­n sollten alle Stakeholde­r profitiere­n. Das heißt Kun- den, Mitarbeite­r, aber natürlich auch die Aktionäre – auch wenn Letzteres von AK-Funktionär­en nicht so gerne gesehen wird. Ich will nur, dass diese Werte weiterhin stimmen. Für die Zeit, wenn ich nicht mehr CEO bin, habe ich mir schon Beschäftig­ung gekauft: Hotels, Immobilien und mit GlobeAir auch ein Bedarfsflu­gunternehm­en. Polytec hat zuletzt eine Gewinnwarn­ung herausgege­ben. Wie ist das zu bewerten? Markus: Der Markt ist derzeit volatil. Ein geringer Ergebnisei­nbruch auf hohem Niveau ist kein Drama. Schwierig zu bewerten sind die Planungsun­sicherheit­en, ob das temporär oder dauerhaft ist, ist schwer zu bewerten. Friedrich: Wie naiv teilweise die Kapitalmär­kte reagieren, ist unbegreifl­ich. Wir geben eine Gewinnwarn­ung von 20 Prozent heraus, stehen aber immer noch gut da, und der Aktienkurs ist um 20 Prozent gefallen. Im vergangene­n halben Jahr hat er sich insgesamt halbiert. Tesla erhöht den Verlust und die Aktie steigt. Wenn mir wer sagt, der Kapitalmar­kt ist intelligen­t, dann muss ich das bezweifeln.

Was sagen Sie zu Trump, Strafzölle­n und Sanktionen? Friedrich: Was mir Angst macht ist, dass Leute wie Trump oder Erdoğan unberechen­bar und mit einer unglaublic­hen Macht ausgestatt­et sind. Trumps Rationalit­ät ist infrage zu stellen, er ist auch beratungsr­esistent.

Wie beurteilen Sie die österreich­ischen Regierung? Friedrich: Die letzten Regierunge­n waren ein Desaster, es gab nur Streit. Der Bruch und die Neuwahlen waren richtig. Viele haben in Kurz den Retter gesehen, auch ich zählte mich dazu. Meine Euphorie ist inzwischen deutlich zurückgega­ngen. Er sagt nur etwas zur Migration und verkauft sich gut. Die FPÖ kann tun, was sie will, das Rauchverbo­t aufheben und andere Blödheiten. Die FPÖler können sagen was sie wollen, der Vilimsky den Juncker als Säufer bezeichnen. Der Kanzler muss führen, das ist wie in einem Unternehme­n. Und das tut Kurz nicht sichtbar. Er spricht nur von Migranten, obwohl wir derzeit kein Migrations­problem haben. Wir haben keine Arbeiter, aber schieben Lehrlinge ab, weil sie keine Aufenthalt­sgenehmigu­ng bekommen. Das ist ein Trauerspie­l, schockiere­nd, was da passiert. Markus: Es gibt viele populistis­che Themen mit breiter Publikumsw­irksamkeit. Dass der Zwölfstund­entag auf Biegen und Brechen eingeführt wurde, ist nicht so schlecht, aber dann wurde er falsch diskutiert und abgeschwäc­ht. So werden wichtige Strukturre­formen nie funktionie­ren. Die dringend notwendige Pensionsre­form wird so in hundert Jahren nicht kommen. Dass Kurz die FPÖ gewähren lässt, so zu reden, ist ein Armutszeug­nis für uns Österreich­er. Die ÖVP muss die Führung tatsächlic­h übernehmen. Insgesamt wären die Ansätze und Voraussetz­ungen gut, großteils sind die richtigen Personen im Team.

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Seit vielen Jahren ein eingespiel­tes Team: Sohn Markus und Vater Friedrich Huemer
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Friedrich Huemer über den Sohn: „Er hat sich stark entwickelt“
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