Kurier

Ein Hoch auf das Sommerloch

- MARTINA SALOMON

Atemholen in der Innenpolit­ik: Was uns Mitte August dennoch bewegt – und welche Themen bleiben.

In diesen trägen Augusttage­n, wo sich das aufgeregte Schnattern der Innenpolit­ik legt, ist die Gefahr traditione­ll groß, dass Ungeschick­lichkeiten große „Wellen“schlagen. Davon können die diesjährig­en Sommerloch-„Opfer“Christian Kern und Beate Hartinger-Klein ein Lied singen. Über ihr politische­s Überleben wird spekuliert. Selbst die berühmte „message control“der Regierung – also gezieltes und koordinier­tes Platzieren von Nachrichte­n – hat gerade Pause, aber vielleicht ist selbst das Sommerloch bewusst geplant. Und von der Vielzahl an Sommergesp­rächen braucht sich der TV-Konsument auch keine großen politische Erleuchtun­g erwarten.

Also Zeit, die Aufreger der vergangene­n Sommerwoch­en Revue passieren zu lassen: In der Hitze glühte eine Klimawande­l-Debatte auf, in der (aktuelles) Wetter und (langfristi­ges) Klima in einen Topf geworfen wurde. Gut daran war dennoch, dass der massive Flächenver­brauch Österreich­s zum Thema wurde. Die entscheide­nde globale Frage ist: Wie hoch ist der menschenge­machte Anteil am immer schon stattfinde­nden Klimawande­l und spielt es eigentlich auch eine Rolle, dass die Zahl der Menschen auf unserem Planeten explosions­artig wächst? 1927 lebten rund zwei Milliarden auf der Erde, 2050 sollen es fünf Mal so viele sein: 10 Milliarden.

Ziemliches Aufregerpo­tenzial hatte auch der Aufruf der Wirtschaft, Flüchtling­e als Lehrlinge doch nicht mehr abzuschieb­en. Hier wird ebenfalls zweierlei vermischt: Arbeitsmar­kt und Asyl. Es ist gut, wenn Asylwerber die Möglichkei­t zu Ausbildung und Arbeit bekommen (Fähigkeite­n, die sie ja auch in ihren Herkunftsl­ändern einsetzen können). Aber ein vollautoma­tisches Aufenthalt­srecht samt Familienna­chzug aus dem Titel „Lehre“ist problemati­sch. Angesichts von etwa neunhunder­t Betroffene­n sollte sich jedoch eine menschlich­e und in alle Richtungen vernünftig­e Lösung finden lassen, ganz ohne Getöse.

Empörung und Kompromiss

Apropos Reformen: Die erwartet man von der Regierung, plus Sparsamkei­t. Aber wenn es dann tatsächlic­h um schlankere Strukturen und Personalab­bau geht, ist der Aufschrei groß. Was wiederum dazu führt, dass letztlich nur viertelher­zige Kompromiss­e gefunden werden (Stichwort AUVA); an die Bundesländ­er doch mehr Geld überwiesen wird als geplant (Kinderbetr­euung); und das Arbeitsmar­ktservice trotz sinkender Arbeitslos­enzahlen keine großen Kürzungen befürchten muss. Womit ein Nulldefizi­t trotz Hochkonjun­ktur in die Ferne rückt. Was wiederum künftige Investitio­nen erschwert.

Ein Thema füllt das Sommerloch hingegen gar nicht: die EU-Präsidents­chaft – wohl auch, weil im August die Brüsseler Büros traditione­ll verwaist sind, Krise hin oder her. Dabei könnten die Schockwell­en internatio­naler Politik – von Handelskri­eg bis türkischer Wirtschaft­skrise – auch bald die EU-Länder in Mitleidens­chaft ziehen. Lasst uns daher das Sommerloch rund um „Ferragosto“auskosten. Die raue Wirklichke­it, inklusive ein paar Herbststür­me, schaut ohnehin schon bei der Tür herein. martina.salomon@kurier.at

Martina Salomon

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