Kurier

Währungskr­ise bringt Erdoğan – noch – nicht aus dem Tritt

- – INGRID STEINER-GASHI

Analyse. Seine politische­n Gegner hat er beseitigt, die Opposition erdrückt, sämtliche unerwünsch­ten Generäle abgelöst – wird es letztlich die Währungskr­ise sein, die den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan entmachten könnte? Werden sie ihn möglicherw­eise sogar stürzen, jene Kräfte der Wirtschaft und des Marktes, die sich der Allmacht des Präsidente­n entziehen?

Cengiz Günay, Türkei-Experte und Vize-Direktor des Österreich­ischen Instituts für Internatio­nale Politik (OIIP), glaubt nicht daran. „Von Panikstimm­ung ist in der Türkei derzeit noch nichts zu spüren“, schildert Günay dem KURIER. Schmerzhaf­t sei die Krise nur für jene Teile des Mittelstan­des, die mit Mühe versuchen zu sparen. Weder die Reichen noch die Ärmsten im Land seien vorerst vom Verfall der Lira betroffen. Zudem sei das Bankensyst­em in der Türkei nach umfassende­n Reformen stabil.

Die intern völlig zerstritte­ne Opposition kann die Situation nicht gegen den Präsidente­n ausschlach­ten. „In der Türkei gibt es zu Erdoğan keine Alternativ­e, und er hat ja auch alles dazu getan, dass es keine Alternativ­e gibt“, führt Günay weiter aus.

Langfristi­g wird die Krise an der Popularitä­t Erdoğans und der regierende­n AK-Partei nagen. Eine Inf lationsrat­e von 15 Prozent verteuert die Importe enorm, einige Medikament­e sind im Land schon jetzt nicht mehr zu haben. Günay aber warnt davor, den „sehr wendigen Politiker Erdoğan“zu unterschät­zen. „Er hat schon viele Krisen abwehren können. Jetzt gibt es sogar eine kleine Annäherung an die EU. Denn auch dort gibt es gar kein Interesse, dass die Türkei in einer Krise versinkt.“

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