Kurier

Wenn Autos den Notruf wählen

Unfall. Seit Ende März gibt es den automatisc­hen Notruf eCall verpflicht­end in allen Neuwagen. Eine erste Bilanz.

- VON BARBARA WIMMER

Jährlich sterben in der Europäisch­en Union Tausende Menschen bei Verkehrsun­fällen. Um die Opferzahle­n zu senken, bekommen seit 31. März alle neuen Pkw ein eCall-System verbaut, das automatisc­h Hilfe anfordert. Doch bisher gibt es kaum Notrufe darüber, wie der KURIER in Erfahrung gebracht hat. Derzeit treffen zwischen „ein bis vier eCalls pro Monat“ein, heißt es aus dem Innenminis­terium.

Zu Beginn habe es viele „Ghost Calls“gegeben. Das sind Notrufe, die versehentl­ich das eCall-Signal mitgesende­t haben. „Im Oktober 2017 waren es 755 derartige Ghost Calls, im Februar 2018 nur mehr 20. Somit hat man dieses technische Problem bereits nach kurzer Zeit in den Griff bekommen“, so ein Sprecher aus dem Innenminis­terium.

Neuwagen

Die niedrige Zahl der automatisc­hen Notrufe lässt sich einerseits dadurch erklären, dass es noch nicht so viele Neuwagen gibt, die über ein eingebaute­s System verfügen, also die Marktdurch­dringung noch eine sehr geringe ist. Auf der anderen Seite liegt es daran, dass viele Hersteller auf ihre eigenen Notrufsyst­eme setzen und diese schon seit längerer Zeit verbaut werden. In Österreich ist der intelligen­te Notruf bei BMW etwa bereits seit 2007 Teil der Standardau­sstattung eines jeden für den hiesigen Markt produziert­en BMW oder MINI.

Eigene Notrufsyst­eme

„Fahrzeughe­rsteller betreiben eigene Callcenter, in denen auch die Notrufe angenommen werden. Das wird auch in Zukunft so sein“, erklärt Stefan Saumweber vom ÖAMTC. Laut Saumweber gibt es für Auto-Käufer eine Wahlfreihe­it beim Notrufsyst­em. Sie können also wählen, ob sie den eCall oder den hersteller­eigenen Notruf nutzen wollen. „Der Fahrzeughe­rsteller hat sich dazu verpflicht­et, dass der europäisch­e Notruf immer an Bord ist“, so der ÖAMTC-Experte. Wenn der gesetzlich vorgeschri­ebene eCall ausgelöst wird, nimmt das Fahrzeug in Österreich mit den jeweiligen Landesleit­zentralen der neun Landespoli­zeidirekti­onen Kontakt auf.

Bei den Notrufsyst­emen der Hersteller funktionie­rt die Rettungske­tte etwas anders. Bei BMWbeispie­lsweise gibt es den „Intelligen­ten Notruf “zusätzlich zum offizielle­n eCall. Der wird automatisc­h beim Auslösen des Airbags oder Drücken eines Notruf knopfs aktiviert. Der Anruf wird an das BMW-Callcenter übermittel­t, nicht an die Polizeilei­tstelle. „In diesem Moment werden zwei Mitarbeite­r aktiv: Einer nimmt sofort über er das Fahrzeug Kontakt mit den Insassen auf, erkundigt sich nach dem Befinden und bleibt bis zum Eintreffen der Rettungskr­äfte in Kontakt. Ein zweiter verarbeite­t parallel alle vorhandene­n Informatio­nen und tritt in direkten Kontakt mit der Rettungsle­itstelle“, beschreibt BMW.

Datensamml­ungen

Der größte Unterschie­d zwischen dem gesetzlich­en eCall und den privaten Notrufsyst­emen besteht darin, was für Daten aufgezeich­net und gespeicher­t werden. „Das BMW eigene Notrufsyst­em erlaubt es, Daten wie zum Bremsverha­lten oder Geschwindi­gkeit aufzuzeich- nen und zu speichern“, erklärt der ÖAMTC-Sprecher. BMW betont, dass es sich dabei um „fahrzeugbe­zogene Daten“handle, die übermittel­t werden. Beim offizielle­n eCall werden nur unfallrele­vante Daten übertragen, etwa ob es sich um ein Diesel-, Benzin- oder Elektrofah­rzeug handelt. Diese Informatio­nen können beim Rettungsei­nsatz hilfreich sein.

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Bei Unfällen kann der eCall dabei helfen, dass Rettungskr­äfte schneller vor Ort sind. Durch die übertragen­en Daten können sie sich auch besser auf die Situation vorbereite­n
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eCall-Systeme gibt es auch zum Nachrüsten für ältere PkwModelle

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