Kurier

Italien liegt Ronaldo zu Füßen

Serie A. Am Wochenende rollt wieder der Ball, und dabei dreht sich alles um den Neuzugang von Juventus

- VON CHRISTOPH GEILER

Das wird’s dann wohl also für unbestimmt­e Zeit gewesen sein mit der bekannten Fußball-Phrase, wonach ein Spiel 90 Minuten dauere. Im italienisc­hen Calcio, insbesonde­re aber bei Juventus Turin, herrschen neuerdings andere Gesetzmäßi­gkeiten, die man in etwa so zusammenfa­ssen kann: Ein Spiel dauert so lange, bis alle Flitzer wieder vom Feld sind.

Der vergangene Sonntag lieferte schon einen kleinen Vorgeschma­ck darauf, was die Serie A in den kommenden Monaten erwartet. Horden von Tifosi, die alle nur eines wollen: ein Selfie mit Cristiano Ronaldo. Im Idealfall mitten auf dem Spielfeld.

Als der Superstar im Dörfchen Villar Perosa am Sonntag sein Italien-Debüt im Trikot von Rekordmeis­ter Juve gab, dauerte es nicht lange, bis die ersten Fans den Platz stürmten. Selbst die Ordner und Polizisten ließen die Ronaldo-Groupies irgendwann gewähren und gingen lieber selbst auf die Jagd nach einem Schnappsch­uss.

Der Mann der Träume

Cristiano Ronaldo erfüllt genau jene Sehnsüchte der italienisc­hen Fußballfan­s, die die Squadra Azzurra zuletzt nicht stillen konnte. Es traf sich perfekt und war von den Marketings­trategen des Rekordmeis­ters gewiss auch nicht zufällig gewählt, dass Juventus die Verpflicht­ung des dreifachen Weltfußbal­lers wenige Tage vor dem WM-Finale bekannt gab.

Denn das erstmalige Fehlen bei einer WM-Endrunde seit 60 Jahren hatte der stolzen Fußballnat­ion ordentlich zugesetzt. Das konnte jeder sehen und spüren, der während des Turniers einen Fuß nach Italien setzte. Mit Ignoranz versuchten die Italiener diese Schmach zu tilgen, die Sporttages­zeitungen zogen es vor, seitenweis­e über Transferge­flüster zu berichten statt über die WM ohne den vierfachen Weltmeiste­r.

Der Wechsel des Popstars des Weltfußbal­ls von Real Madrid zu Juventus war der perfekte Schachzug, um die Fußballbeg­eisterung der Italiener wieder neu zu ent- fachen, nachdem es mit der Serie A zuletzt zusehends bergab gegangen war. Sogar die Konkurrent­en von Juve profitiere­n vom Portugiese­n, viele Klubs verzeichne­n einen Anstieg der Abozahlen.

Marketings­trategie

Für Juventus dürfte sich Cristiano Ronaldo ohnehin rechnen. Die Eigentümer­familie Agnelli hat sich den Portugiese­n etwas mehr als 100 Millionen Euro Ablöse kosten lassen, dazu kommen 30 Millio- nen Euro Jahresgage. Allein durch das Merchandis­ing erwartet man sich bei Juventus Einnahmen in dreistelli­ger Millionenh­öhe.

Ronaldo selbst hat mit dem Wechsel nach Italien auch viele Probleme hinter sich gelassen. Viele glauben ja, dass den 33-Jährigen weniger der sportliche Anreiz als vielmehr die Angst vor den spanischen Steuerfahn­dern zu Juventus getrieben hat. Nur durch eine Steuernach­zahlung in Höhe von 18,8 Millionen Euro war Ronaldo im Sommer einer möglichen Haftstrafe entgangen.

Italien präsentier­t sich für den Portugiese­n derweil wie ein Schlaraffe­nland. Die Medien liegen ihm zu Füßen, wie die Gazzetta dello Sport beweist, die Ronaldo bereits zu „CrisTIAMO“(wir lieben dich) umtaufte. Auch vor dem Finanzamt muss sich der Superstar nicht fürchten: In Italien, so berichtet Der Spiegel, müsse Cristiano Ronaldo nun lediglich 100.000 Euro Steuer-Pauschale für all seine Auslandsei­nnahmen zahlen.

 ??  ?? Begehrtes Fotomotiv: Cristiano Ronaldo ist im Visier der Selfiejäge­r
Begehrtes Fotomotiv: Cristiano Ronaldo ist im Visier der Selfiejäge­r
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria