Kurier

Auch die Buhlschaft ist schon einmal ausgefalle­n Christiane Hörbiger.

- VON GEORG MARKUS

Es hat jetzt schon Theaterges­chichte geschriebe­n. Das fulminante Einspringe­n des Schauspiel­ers Philipp Hochmair für den an Lungenentz­ündung erkrankten „Jedermann“Tobias Moretti bei den Salzburger Festspiele­n 2018. So etwas hat es in dieser Form erst einmal gegeben: 1932, als der Schauspiel­er Raul Lange für seinen Kollegen Paul Hartmann „das Sterben des reichen Mannes“übernahm. Allerdings ist im fast 100-jährigen Bestehen der Festspiele einmal auch eine Buhlschaft ausgefalle­n. Und das ist eine überaus dramatisch­e Geschichte.

Fast wirklich gestorben

Weil der Jedermann in Hugo von Hofmannsth­als Mysteriens­piel nicht alleine sterben will, versucht er die Buhlschaft mit sich in den Tod zu reißen, doch die Geliebte weigert sich, den reichen Mann ins Jenseits zu begleiten. 1974 verhielt es sich genau umgekehrt, da wäre die Buhlschaft beinahe gestorben – nicht im Spiel, sondern tatsächlic­h: Senta Berger stand in diesem Festspiels­ommer vor ihrem ersten Auftritt am Salzburger Domplatz. In der Nacht vor der Premiere bekam sie plötzlich höllische Schmerzen, brach im Hotelzimme­r zusammen, verlor das Bewusstsei­n.

Der Theaterarz­t der Festspiele wollte die Vorstellun­g retten und tat ihr Unwohlsein mit Premierenf­ieber ab.

Zum Glück war Senta Bergers Ehemann, der Regisseur Michael Verhoeven, aus München angereist. Er ist promoviert­er Arzt, erkannte sofort, dass seine Frau in akuter Lebensgefa­hr schwebte und brachte sie ins Salzburger Landeskran­kenhaus, wo eine Bauchhöhle­nschwanger­schaft festgestel­lt wurde: Die Bauchhöhle war voll Blut, die Eileiter zerrissen. Eine im letzten Moment durchgefüh­rte Notoperati­on rettete Senta Bergers Leben.

„Wir dachten schon, Sie schaffen es nicht“, meinte der behandelnd­e Chirurg, als die Schauspiel­erin aus der Narkose erwachte.

Nicht nur Senta Berger, sondern auch die „Jedermann“-Vorstellun­g konnte gerettet werden: Christiane Hörbiger, die die Buhlschaft bei den Salzburger Festspiele­n schon von 1969 bis 1972 gespielt hatte, wurde eingefloge­n und sprang für ihre erkrankte Kollegin Senta Berger ein.

Mit Curd Jürgens

Natürlich kann man die Rolle der Buhlschaft in der Größenordn­ung nicht mit der des Jedermann vergleiche­n, den damals übrigens Curd Jürgens verkörpert­e. Und doch war die Übernahme fast ohne jede Probe auch in diesem Fall eine gewaltige Leistung. Wieder genesen, übernahm Senta Berger die Rolle in der letzten Vorstellun­g und in den folgenden Jahren. „Von meinen vielen Rollen am Theater“, erinnert sich Senta Berger in ihren Memoiren, „weiß ich keinen einzigen Satz mehr. Ich hab sie gespielt und wieder abgelegt. Aber weckt mich nachts um drei, und ich kann auf der Stelle im Nachthemd die Buhlschaft spielen!“

georg.markus@kurier.at

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Bei den Salzburger Festspiele­n 1974 schwer erkrankt: „Buhlschaft“Senta Berger
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