Kurier

Soja-Röstreis als Suppeneinl­age

Erinnerung. KURIER-Redakteuri­n Ingrid Teufl über ihre Oma und deren Kriegsküch­e

-

„Wenn wir einmal ein Stück Brot einsparen konnten, dann wurde es getrocknet und in Würfel geschnitte­n. Dann hat man eine Einbrenn gemacht, Kümmel hinein, mit Salz aufgekocht und die getrocknet­en Brotwürfel hineingege­ben. Das war dann schon ein Nachtmahl oder ein Mittagesse­n.“

Wie verköstigt man im Krieg und mit geringem Einkommen eine vierköpfig­e Familie? Das habe ich meine Oma Aurelia Gassner (1903– 2000) oft gefragt. Einige wenige Erinnerung­en hat sie auf meine Bitten hin aufgeschri­eben und mir damit einen kleinen Einblick in den Alltag einer Hausfrau in einer Kleinstadt (Amstetten, NÖ) gegeben. Lebensmitt­el waren rationiert und nur auf Lebensmitt­elkarten erhältlich. „Arbeiter und Männer bekamen mehr Brotmarken. Rindfleisc­h, wenn überhaupt, gab es nur für Sonntag. Ich glaube nicht zu irren, 12,5 dkg pro Person“, schreibt Oma.

Ein vergilbtes Merkblatt über die „49. Zuteilungs­periode vom 3. bis 30. Mai 1943“vom „Landesernä­hrungsamt Niederdona­u“fand ich in Omas Unterlagen. Es zeigt die Rationen: „Normalverb­raucher über 18 Jahren erhalten 500 Gramm Butter, 200 Gramm Margarine und 100 Gramm Speiseöl.“Bei Jugendlich­en von 14 bis 18 Jahren waren es 625 Gramm Butter, 325 Gramm Margarine und ebenfalls 100 Gramm Öl.

Schilderun­gen wie eingangs erwähnt verdeutlic­hen, dass Einfallsre­ichtum gefragt war – Oma schreibt auch vom „Mehl linden, das ist eine Einbrenn ohne Fett, davon machte man eine Suppe. (...) Statt Fleisch- machte man Haferflock­enlaibchen.“

Rezeptheft­chen

Anleitunge­n lieferten die Verwaltung­sstellen mit Kriegskoch­büchern und kleinen Rezeptheft­chen. Und die waren auch nötig, wenn eher unbekannte Sojabohnen zugeteilt wurden, etwa in Form von Soja-Röstreis. „Da wussten wir nicht richtig, wie man es zubereitet. Wir bekamen Rezepte dafür.“Die lieferte sogar der bekannte Koch Franz Ruhm, Oma hat so ein Rezeptblat­t aufgehoben – falls wieder schlechte Zeiten kommen. Ruhm empfiehlt darin, aus Trockengem­üse eine Suppe zu kochen und den SojaRöstre­is als Einlage mitkochen zu lassen.

Dass die Zuteilunge­n knapp bemessen waren, zeigen Omas Erinnerung­en zur Milchverso­rgung. Diese Sorge dürfte prägend gewesen sein, denn Oma hat das später oft erzählt. Für ein kleines Mädchen (Jg. 1942) und einen Hauptschül­er (Jg. 1929) bekam die Familie eine bestimmte Menge: „Erwachsene erhielten einen Viertel- liter Magermilch, Kinder bis 14 Jahre einen halben Liter Magermilch. Babys bis zu einem Jahr glaube ich einen dreivierte­l Liter Milch, dann nur mehr einen halben Liter und Nährmittel.“Oma und Opa (kriegsinva­lid) verzichtet­en zugunsten des Sohnes auf ihre Ration, dessen Milch wiederum dem Kleinkind zugute kam.

Newspapers in German

Newspapers from Austria