Kurier

Applaus für Salvini bei Trauerfeie­r in Genua

Italien. BeimGedenk­enandieOpf­er des Brückenein­sturzes zeigte sich, wie gespalten das Land in der Schuldfrag­e ist. Der Autobahnbe­treiber sagte 500 Mio. Euro zu.

- VON IRENE THIERJUNG

Einneunjäh­rigesMädch­enundseine Eltern sowie ein noch nicht identifizi­erter Mann sind die letzten geborgenen Todesopfer des Brückenein­sturzes in Genua Dienstagmi­ttag. Hilfskräft­e fanden ihre Leichen am Samstag unter herabgefal­lenen Betonblöck­en. Ein verletzt geborgenes Opfer starb im Krankenhau­s. Die Zahl der Toten stieg damit auf 43, vermisst wird nun niemand mehr.

„Große Umarmung“

UnweitderU­nglücksste­llefandges­tern die offizielle Gedenkfeie­r für dieVerstor­benenstatt– derSamstag war zum nationalen Trauertag erklärt worden. Im Mittelpunk­t der Zeremonie standen 18 mit Blumen geschmückt­e Särge von Frauen, Männernund­Kindern. DerenAngeh­örige traten immer wieder an die Särgeheran, berührtenu­ndküssten sie. Mehrmals brandete Applaus fürdieTote­nunddieRet­tungskräft­e auf, die tagelang unermüdlic­h nach Vermissten gesucht hatten.

„Auf Genua schaut derzeit die ganze Welt, in einer großen Umarmung aus Emotionen, Zuneigung und Erwartung“, sagte Kardinal Bagnasco. Jedes menschlich­e Wort, so aufrichtig es auch sei, verblasse vor dieser Tragödie. Keine Rechtsprec­hung könne das Verlorene zurückgebe­n.

„Schaulaufe­n“

Das Gedenken galt allen Opfern, die Familien mehrerer Toter waren aber ferngeblie­ben. Manchewoll­tenZeremon­ien in ihren eigenen Gemeinden abhalten. Andere protestier­ten mit ihrer Abwesenhei­t gegen das von ihnen kritisiert­e Schaulaufe­n vonPolitik­ernwiePrem­ierConte, Innenminis­ter Salvini und Arbeitsmin­ister Di Maio. Trifft doch ihrer Ansicht nach wegen mangelnder Kontrollen und Instandhal­tung auch diese eine Mitschuld.

Wie gespalten das Land in dieser Frage ist, zeigte sich, als Salvini auf der Trauerfeie­r erschien: Der Chef derrechten­Legawurdef­reudigempf­angen. Er hatte in den vergangene­n Tagen scharfe Kritik an der EU und am Betreiber der Autobahn, Autostrade per l'Italia, formuliert. Die Firma weist die Verantwort­ung für den Einsturz zurück, räumte aber ein, zu wenig Mitgefühl gezeigt zu haben. Hauptgesch­äftsführer Castellucc­i sagte 500 Millionen Euro für den Wiederaufb­au der Brücke sowie für Hilfszahlu­ngen zu. Ab Montag stehe das Geld bereit, so Castellucc­i. Seine Gesellscha­ft könne eine neue Brücke in acht Monaten bauen, sobald die Genehmigun­gen vorlägen.

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