Die öffentliche Hand baut selten billig
Millionengräber. Bei heimischen Infrastruktur-Großprojekten fehlen generelle Spielregeln – und häufig Expertisen
Klüger, das wissen auch alle Bauherren, klügeristmanimmer erst hinterher. Folglich wird erst 2020 feststehen, ob der Umbau des Parlaments ein Erfolg gewesen sein wird – oder das nächste in der langen Reihe öffentlicher Bauvorhaben, die entweder ihre ZeitvorgabenoderihrenBudgetrahmen, gerne aber auch beides überschreiten.
Krankenhaus Nord, Skylink, Stadthallenbad – alleine in der jüngeren Vergangenheit gibt es dafür genügend Beispiele.
Aber warum ist das so? Experten nennen auf Nachfrage eine ganze Reihe von Gründen von schwankender Konjunktur bis zur politischen Einflussnahme. Allen voran aber Bauherren, dieinderMaterienichtsattelfest sind (siehe Artikel rechts). Oder wie es Christian Kühn, Studiendekan der Architektur an der TU Wien, formuliert: An den entscheidenden Stellen sitzen zu oft Menschen, „die vom Bauen keine Ahnung haben“.
Freilich sind öffentliche Millionengräber kein Österreich-Spezifikum. Ein Blick nach Deutschland zeigt: Auch dort hat man in den letzten Jahren mit der Hamburger Elbphilharmonie, dem BahnhofStuttgart21unddem neuenBerlinerFlughafeneine wenigerbaulicheSerieöffentlicher Projekte hingelegt.
Strategische Täuschung
In Zahlen: 2015 ergab eine Untersuchung 87 deutscher Großbauprojekteeinedurchschnittliche Kostenüberschreitung von 44 Prozent. Als Gründe nennt die Studie unter anderem unerfahrene Planer, Über-Optimismus – also unterschätzte Risiken und überschätzte Vorteile – und strategische Täuschung seitens der Politik. Oder in Kühns Worten: „Niedrigere Kosten angeben, damit man es politisch durchbringt.“
Einen anderen Weg ging man in Großbritannien, wo seit 2010 eine eigene Behörde alle großen Infrastrukturprojekte von Beginn an begleitet, evaluiert – und bei Fehlentwicklungen auch eingreift. Eine Empfehlung, die auch die deutsche Studie der Politik mit auf den Weg gab.
Kärntner Vorzeigefall
Freilichbrauchtesnichtzwingend eine Behörde, um ordentlich zu bauen. Nur den Mut, sich mangelnde Expertise einzugestehen.
Der 2010 eröffnete Neubau des Klinikums Klagenfurt gilt als Musterbeispiel. Das lag für den Generalplaner HeinzPriebernigvorallemam – extern zugekauften – und „sehr starken“Bauherren. Sowie der umfassenden PlanungunterEinbeziehungaller späteren Nutzer schon in der Vorentwurfsphase. Ohnehin ist Priebernig aber überzeugt, dass „öffentliche Auftraggeber nicht in der Lage sind“, ohne externe Expertise Projekte gut abzuwickeln.
Die nötige Expertise gibt es auch vom Rechnungshof. Würde man aus dessen Prüfberichten künftige ProjektSpielregeln ableiten, wäre auch schon viel geholfen, ist Kühn überzeugt.