Kurier

„Hoppla, das ist doch etwas Größeres“

David Gleirscher. Wie sich das Leben des Kunstbahnr­odlers seit dem Olympiasie­g in Korea verändert hat

- VON CHRISTOPH GEILER

Als DavidGleir­sc her im Feber zu den Olympisc hen Winterspie­len nachPyeong- C hang reiste, war er im Online lexikonWik­ipe dia ein unbeschrie­benes Blatt. Auch sonst hatte bis zu seinem überrasche­nden Olympiasie­g kaum jemand vom Kunstbahnr­odler aus dem Stubaital Notiz genommen.

Mit der Goldmedail­le hat sich das schlagarti­g geändert. David Gleirscher muss plötzlich haufenweis­e Fanpost beantworte­n, er wird als Ehrengast zu Formel-1Grandprix­s eingeladen, darf den Startschus­s zu Volksläufe­n geben und wird auf einmal auf der Straße erkannt. „Auch wenn viele nicht genau wissen, wo sich mich hintun sollen“, sagt der 24-Jährige.

KURIER: Was halten Sie vom Spruch, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist? David Gleirscher: Das mag ja alles stimmen, aber dafür sollte man dann schon ein bisschenäl­terseinals­ich. Dafür habe ich auch noch viel zuvielvorm­ir. Außerdemwä­re es dumm, wenn ich jetzt aufhören würde, nur weil ich Olympia gewonnen hab’.

Das war das Stichwort: Wie ist das Leben als Olympiasie­ger?

Auch nicht viel anders als vorher. Klar habe ich jetzt mehr Termine als früher, ich werde vielleicht auch ein wenig öfter erkannt. Aber mein Leben ist jetzt durch den Olympiasie­g nicht auf den Kopf gestellt worden.

Hätten Sie es anders erwartet?

Nein, man muss da schon auch ehrlich sein und am Boden bleiben. Wir reden hier noch immer vom Rodeln, das kann man mit anderen Sportarten nicht vergleiche­n. Mir war klar, dass das keine Marcel-Hirscher-Di- mensionen annehmen würde. Und das ist auch ganz gut so für das Privatlebe­n.

Wie oft ertappen Sie Sich noch dabei, dass Sie an die Winterspie­le zurückdenk­en?

Es passiert immer wieder, dass Erinnerung­en und Emotionen hochkommen. Auch weil wir daheim einige Bilder von Olympia hängen haben, und dann denkt man zwangsläuf­ig zurück. Es ist abernichts­o, dassmirstä­ndig durch den Kopf geht, dass ich jetzt Olympiasie­ger bin.

Sie wirkten in den Stunden nach Ihrem Olympiasie­g fast ein wenig verloren und überforder­t. Hat dieser Eindruck getäuscht?

Mich hat der Olympiasie­g sicher ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt. Ich habe damit nicht gerechnet, und ich war darauf auch nicht wirklich vorbereite­t.

Was war für Sie die größere Herausford­erung und Anstrengun­g: Das Rennen oder das Prozedere danach?

Das Rodeln selbst war für mich überhaupt kein Problem. Da habe ich nämlich genau gewusst, was ich zu tun habe. Aber nach dem Rennen ist brutal viel auf mich eingeprass­elt, das hat mich fast überschwem­mt. Flower- Ceremony, Österreich-Haus, Interview im ORF- Studio, ich bin mir da teilweise wie ein Passagier vorgekomme­n.

Klingt nicht so, als hätten Sie Ihre Medaillenf­eier richtig genießen können.

Am Anfang war’s richtig schwierig, weil mir einfach die Erfahrung gefehlt hat. BeidenInte­rviewswari­chtotalner­vösundhabe­michextrem konzentrie­ren müssen, damit ich nur ja keinen Blödsinn sage. So viel Interviews habe ich bis dahin ja noch nichtgeben­müssen. WirRodler stehen normal nicht so im Fokus, das war alles ganz neuundunge­wohntfürmi­ch. Ich bin da echt ins kalte Wasser geschmisse­n worden.

Ab wann haben Sie begriffen, dass Sie Olympiasie­ger sind?

Das hat schon seine Zeit gedauert. Richtig begriffen habe ich es erst, wie ich zurück nach Tirol gekommen binundsief­ürmicheine­nriesigen Empfang am Flugha- fengemacht­haben. Daistmir dann endgültig klar geworden: ,Hoppla, das ist doch etwas Größeres, was ich gewonnen habe.’

Sie haben das Größte gewonnen, das ein Sportler gewinnen kann. Steigen dadurch der Anspruch und der Druck?

Der Druck kommt sicherlich daher. In erster Linie von außen. Aber ich sehe das mit der Erwartungs­haltung gar nicht einmal so schlimm.

Kann man in Österreich als Kunstbahnr­odler vom Sport überhaupt leben?

Nur vom Rodeln direkt Inwiefern? undvomPrei­sgeldistes­praktisch Weil ich mir sage: unmöglich. Ich habe ,Hey, du bist Olympiasie­ger, zum Glück meine Sponsoren du hast also und die Unterstütz­ung schon bewiesen, dass durch das Bundesmini­sterium du es kannst.’ Das für Inneres, weil ich die Gute ist: Die Goldmedail­le Polizeiaus­bildung begonnen nimmt habe. Aber ohne dem wäre mir keiner mehr es sehr eng. Seit Olympia ist weg. Alles, was die Aufmerksam­keit sicher jetzt kommt, ist größer geworden, aber dass Draufgabe. Aber sich der Olympiasie­g finanziell natürlichw­illich groß niederschl­agen dort anschließe­n, würde, so ist es dann auch deshalb habeichimS­ommer nicht. Aberichjam­mer’nicht: Man muss das tun, was man auch sehr intensiv gern macht. Nur dann kann trainiert. Es soll ja man auch erfolgreic­h sein. nicht heißen, der hat nur einmal was gewonnen.

Haben Sie davor Angst? Es hat im Sport ja schon einige OneHit-Wonder gegeben.

Angst würde ich nicht sagen. Es ist einfach eine Herausford­erung, alleszuunt­ernehmen, dassdasjan­ichtpassie­rt. Aber ich habe überhaupt keine Zweifel, dass ich jetzt nicht mehr vorne dabei sein könnte. In unserem Sport gibt es keine Zufallssie­ger. Schon gar nicht, wenn man wie bei Olympia vier Läufeherun­terbringen­muss.

Welchen Stellenwer­t hat Ihrer Meinung nach der Rodelsport in Österreich?

Wir sind ein vergleichs­weise kleinerer Verband, aber dafür eine große Familie. BeidenRodl­ernhilftje­der jedem, anders würde es auch nicht funktionie­ren. Logisch hat man bei uns als Skifahrer einen anderen Status. Skifahren ist in Österreich nun einmal der Volkssport Nummer eins, das kann und tut jeder. Ich habe mich aber trotzdemmi­tzwölfJahr­enfür das Rodeln und gegen das Skifahren entschiede­n. Und das war gut so.

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 ??  ?? Magischer Moment: Rodler David Gleirscher zeigte bei den Winterspie­len in Korea der Konkurrenz die Muskeln
Magischer Moment: Rodler David Gleirscher zeigte bei den Winterspie­len in Korea der Konkurrenz die Muskeln
 ??  ?? Fahrt ins Rampenlich­t: Der Nobody aus dem Stubaital machte sich mit seinem Olympiasie­g einen Namen. Auch auf dem Auto ist der große Erfolg verewigt
Fahrt ins Rampenlich­t: Der Nobody aus dem Stubaital machte sich mit seinem Olympiasie­g einen Namen. Auch auf dem Auto ist der große Erfolg verewigt
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