Kurier

Kampf, Leidenscha­ft, Tränen

Daviscup. Nach 118 Jahren geht mit einer Reform eine Ära zu Ende. Highlights aus guten Tagen

- VON HARALD OTTAWA

„R.I.P.“posteten die einen Stars ,„ man hat eine Tradition umgebracht“andere. Deraltbewä­hrte Daviscup hat nach dieser Saison ausgedient. Auch für Österreich wird das Weltgruppe­n-Relegation­sspiel gegen Australien im September in Graz das letzte Länderspie­l sein, bei dem im alten Modus gespielt wird (auch inder Welt gruppe wird dann nur noch auf zwei Gewinnsätz­e gespielt). Zeit, um (auch mit der rot-weißroten Brille) auf legendäre Mat ch es in einemBewer­b zurückzubl­icken, der nach 118 Jahren ausgedient hat.

Juli 1987, Relegation in Hartford: USA – Deutschlan­d 2:3. Boris Becker – John McEnroe 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2.

Gingen legendäre Boxkämpfe mit Titeln wie „Rumble in the Jungle“oder „Fight of the Century“in die Geschichte­ein, soträgtder­Fight zwischen Alt star JohnMcEnro­e und Boris Becker den Namen„Schlacht von Hart ford “. Nicht im Finale, sondern in der Relegation, in der es um den Klassenerh­alt ging. Die Deutschen führten 1:0, als einanderdi­e beiden Star seinen 6:21-Stunden-Fight lieferten. McEnroe wurde extra für dieses Duell für den Daviscup reaktivier­t, in den ersten dreiSätzen(6:4,13:15,10:8, damals gab’s keinen TieBreak) botdasSpie­lalles, was Daviscup ausmacht: Kampf, Enthusiasm­us, aber auch Böses. McEnroe pushte sich immer wieder, schrie mit sich und dem Schiedsric­hter („You can’t be serious“fiel auch damals), und verbrachte nach einem Doppelfehl­er einige Zeit im Schneiders­itz. Becker ließ sich nicht beirren, McEnroe wurde müde und verlor die beiden restlichen Sätze 2:6. Am Ende siegten die Deutschen 3:2, weil Becker das entscheide­nde Spiel gegen TimMayotte in fünf Sätzen gewann. Becker sprach damals vom „schwierigs­ten Matchm eines Lebens “. Heute kritisiert er die Reform. April 1989, Viertelfin­ale im Wiener Dusika-Stadion: Österreich – Schweden 2:3. Horst Skoff – Mats Wilander 6:7, 7:6, 1:6, 6:4, 9:7.

Österreich musste sich dank des überragend­en Stefan Edberg als klarer Außenseite­r geschlagen geben. Für den 2008 verstorben­en Horst Skoff bildete der Auftritt vor 6000 Fans im Dusika aber den Höhepunkt seiner Karriere. Der damals 20- jährigeKär­ntners ch lugMatsWil an der, der im Jahr zuvor der überragend­e Spieler gewesen war, in einem historisch­en Duell 6:7, 7:6, 1:6, 6:4, 9:7. Mit 6:04 Stunden wurde es das bis dahin längste Daviscup-Match seit Einführung des Tie-Breaks. „Ein Traum wurde wahr“, jubelte Skoff, begleitet von „Horsti, Horsti“-Rufen.

September 1990, Semifinale im Wiener Praterstad­ion: Österreich – USA 2:3. Thomas Muster – Andre Agassi 6:2, 6:2, 7:6 (2).

2:1 hatten die Amerikaner vor dem letzten Tag geführt, alsThomasM­usternach Michael Chang auch Andre Agassi schlug. Und das klar: 6:2, 6:2, 7:6. „Ich habe wie eine Ballmaschi­ne gespielt“, sagte Muster. Es ward er Höhepunkt der österreich­ischen Musketiere um Muster, Horst Skoff und Alex Antonitsch. 17.000 Fans standen Kopf.Sko ff führte danach mit 2:0 in Sätzen, ehe die Partie bei 2:1 wegen Dunkelheit abgebroche­n werden musste. In der Fortsetzun­g am Montag war Skoff chancenlos.

November 1995, Finale in Moskau: Russland – USA 2:3. Pete Sampras – Andrej Tschesnoko­w 3:6, 6:4, 6:3, 6:7, 6:4.

Die Russen legten den Amerikaner­n einen Aschenplat­z auf, der nicht viel schneller war als ein Sandkasten im Kindergart­en. Auf einem solchen hatte Tschesnoko­w im selben Jahr auch schon Michael Stich im Daviscup nach heroischem Kampf besiegt. Er kämpfte sich auch gegen Superstar Sampras immer wieder zurück, begleitetv­on den Schlachtru­fen derFans. AmEnde, nach3:38 Stunden aufreibend­er Spielzeit, war Sampras am Ende. Der US-Star kollabiert­e und konntevonK­rämpfengep­lagt nicht mehr aufstehen. Am nächsten Tag siegte er im Doppel, am Abschlusst­ag im Einzel und wurde zum Helden für den Daviscup-Rekordsieg­er (32 Titel).

April 2018, Viertelfin­ale in Valencia: Spanien – Deutschlan­d 3:2. David Ferrer – Philipp Kohlschrei­ber 7:6 (1), 3:6, 7:6 (4), 4:6, 7:5.

Auch heuer zeigte der Daviscup alle Facetten .2:2 standes im Viertel finalspiel zwischen den favorisier­ten Spaniern um Rafael Nadal, als DavidFerr er ins einer Heimatstad­t gegen Philipp Kohl schreiber zument scheidende­n Einzel antreten musste. Der Deutsche war gegen den Spanier klarer Favorit, Ferrer konnte heuer kaum noch Erfolge feiern und wird seine Karriere demnächst beenden. Am Ende aber wurde der 36-Jährige noch ein letztes Mal in seiner Karriere zum Helden, er wurde nach seinem 4:52-Stunden-Marathon in der Stierkampf-Arena gefeiert wie ein Torero.

 ??  ?? Ein Muster an Daviscup-Feuer: Der Steirer Thomas Muster besiegte vor 17.000 Fans im Wiener Stadion US-Star Andre Agassi
Ein Muster an Daviscup-Feuer: Der Steirer Thomas Muster besiegte vor 17.000 Fans im Wiener Stadion US-Star Andre Agassi
 ??  ?? Torero: Der Spanier David Ferrer, 36, wurde in Valencia zum Helden
Torero: Der Spanier David Ferrer, 36, wurde in Valencia zum Helden

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