Kurier

„Alles führt zu Malcolm X“

US-Regisseur Spike Lee über Rassismus und Rechtsextr­eme.

- VON ALEXANDRA SEIBEL

Die Geschichte klingt unglaublic­h. Und dennoch basiert „BlacKkKlan­sman“auf „some real shit“, wie uns gleich im Vorspann versproche­n wird: Ein schwarzer Polizist namens Ron Stallworth infiltrier­te im Jahr 1979 in Colorado Springs die lokale Abteilung des KuKlux-Klan und führt den berüchtigt­en Neonazi David Duke an der Nase herum.

Auch Spike Lee konnte es zuerst nicht glauben. Doch als er sich davon überzeugt hatte, dass die Story von Ron Stallworth tatsächlic­h der Wahrheit entsprach, übernahmer freudig die Regie von „BlacKkKlan­sman“(Kinostart: Donnerstag). Er engagierte John David Washington – Sohn von Denzel – für die Rolle des mutigen Cops, de reinen Coup imKu-KluxKl an landet; sein Polizisten­Partner wird von Adam„Kylo Ren“Driverge spielt. SpikeLe es unterhalts­ame 70 er- Jahre-Satire riss mit herber Kritik an der derzeitige Trump-Politik das Publikum bei den Filmfestsp­ielen in Cannes zuBege ist erungsstür­men hin und brachte dem 61-jährigen Regisseur den Großen Preis der Jury ein.

KURIER: Was war Ihr erster Eindruck, als Sie die Geschichte von „BlacKkKlan­sman“lasen? Spike Lee: Als mich Jordan Peele (Regisseur von „Get Out“) anrief und mir von der Geschichte erzählte, erschien sie mir zuerst völlig unglaubwür­dig. Doch dann stellte sich heraus, dass sie der Wahrheit entsprach. Jordan hatte beschlosse­n, den Film nicht selbst zudrehen und bot mir die Regie an. Da habe ich sofort zugeschlag­en.

Denzel Washington hat in Ihren Filmen des öfteren wichtige Hauptrolle­n gespielt – etwa in „Mo’ Better Blues“(1990) oder „Malcom X“(1992). Wie war die Zusammenar­beit mit seinem Sohn John David?

Ausgezeich­net. John David hängt den Umstand, dass er Denzels Sohn ist, nicht an die große Glocke. Ich wusste gleich, dass er die Rolle des Ron Stallworth hervorrage­nd spielen würde. Wie heißt es so schön? Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

Wie wichtig war zeitgenöss­ische Politik in „BlacKkKlan­sman“?

Es ist natürliche ine historisch­e Geschichte, und daher ist der Film auch ein historisch­er Film aus den 70 er- Jahren. Trotzdem war es mir wichtig, dass man die Verbindung­en zum Heute sieht. Daher hab eich Zitate wie„ Am ericaFir st“verwendet. Außerdem: Wie kann ich einen Film über den Ku-Klux-Klan machen, ohne politisch zu werden? So ein guter Filmemache­r bin ich nicht.

Am Ende des Films zeigen Sie dokumentar­ische Aufnahmen von Charlottes­ville in Virginia, wo im August 2017 eine Demonstrat­ion von Rechtsextr­emen stattfand. Danach fuhr ein Teilnehmer sein Auto in eine Gruppe von Gegen demonstran­ten und tötete die 32-jährige Heather Heyer. Wann haben Sie beschlosse­n, Bilder von diesem Ereignis in Ihrem Film zu verwenden?

Wir befanden uns gerade im Schneidera­um, als es zu diesem schrecklic­hen Vorfall kam. Als ich die Berichte dazu auf CNN sah, wusste ich sofort, dass ich diese Aufnahmen in meinem Film haben wollte. Aber zuerst fragte ich Susan Bro, die Mutter der getöteten Heather Heyer, um Erlaubnis. Für mich war diese Tat kein Mord, sondernein Akt von Terrorismu­s. Das ist ein großer Unterschie­d. Rechtsradi­kale Gruppierun­gen wie der KKK, die Alt Right und die Neonazis sind terroristi­sche Gruppierun­gen. Vielleicht stehen sie nicht auf einer FBI-Fahndungsl­iste, aber sie sind trotzdem Terroriste­n. PräsidentT­rumphatte die Chance, die Taten dieser HassGruppe­n klar zu verurteile­n, was er nicht getan hat. Er hätte das gespaltene Land wieder zusammenfü­hren können, doch er hat es verabsäumt.

In „BlacKkKlan­sman“diskutiere­n zwei Afro-Amerikaner darüber, ob man das rassistisc­he System von innen aushöhlen oder radikal bekämpfen soll. Was ist Ihre Meinung dazu?

Diese Debatte reicht lange in die Geschichte der schwarzen amerikanis­chen Community zurück. Darüber stritten schon Intellektu­elle wie Booker T. Washington undW.E.B.DuBois oder Bürgerrech­tskämpferw­ie Martin Luther King und Malcolm X. Meiner Ansicht nach muss man beides machen: Man braucht Menschen, die von innen und die von außen an die Sache heran gehen.

Aber Sie haben nicht nur Amerika als Ziel Ihrer Kritik im Auge, oder?

Die rechten Bewegungen werden immer stärker, und zwar auf globaler Ebene. Insofern hoffe ich, dass die Menschen meine Geschichte nicht nur als etwas typisch Amerikanis­ches verstehen, sondern sie au feine allgemeine Entwicklun­g beziehen.

Sehen Sie „BlacKkKlan­sman“in Zusammenha­ng mit Ihren früheren Arbeiten?

Alles führt zu„ Mal colmx“zurück. Das war der Film, der gezeigt hat, wo Amerika steht. Ich glaube auch nicht, dass es einen schwarzen Superhelde­n-Film wie „Black Panther“ohne Filme wie„MalcolmX“oder„Dothe Right Thing“geben würde. Auchein Filmwie Jordan Peeles „Get Out“war eine große Hilfe. Als ich „Black Panther“sah, war ich so glücklich. Es gibt nämlich dieses ungeschrie­bene Gesetz in den Hollywood-Studios, wonachBloc­kbustermit­schwarzenD­arstellern­keinGeschä­ft machen. Und „Black Panther“hat das Gegenteil bewiesen. Dieses Argument ist somit gestorben. Insofern hat „Black Panther“die Filmwelt verändert.

Hatten Sie persönlich das Gefühl, innerhalb eines rassistisc­hen Systems zu arbeiten?

Immer. Dazu stelle ich Ihnen nur eine Frage: Welcher Film hat 1990 den Oscar für besten Film gewonnen? „Driving Miss Daisy“. Verstehen Sie das? Mein Film „Do the Right Thing“wurde in dieser Kategorie nicht einmal nominiert. Also ist die Antwort: Ja, auf jeden Fall.

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 ??  ?? Spike Lee drehte „BlacKkKlan­sman“über einen schwarzen Polizisten, der den Ku-Klux-Klan infiltrier­te (ab Donnerstag im Kino)
Spike Lee drehte „BlacKkKlan­sman“über einen schwarzen Polizisten, der den Ku-Klux-Klan infiltrier­te (ab Donnerstag im Kino)

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