Nahostkonflikt und Ekstase mit Barenboim in Salzburg
Kritik. „Sie bombardieren den Süden; sie machen Tyre dem Erdboden gleich …“: Zuerst gesprochen, dann rezitierend auf einem Ton. Dazwischen lang gezogene Töne, packende Streichervibrati, grelleEinwürfe, Tonfolgen wie Bombenabwürfe, später aber auch sensible schillernde Zartheit: So ertönt David Robert Colemans (der Komponist spielte selbst am Klavier) „Looking for Palestine“für Sopran und Orchester. Darin werden über Texten von Najla Said – Tochter des verstorbenen Mitbegründers desWest-E astern DivanOrc he straEd ward Said– Erfahrungen um den Nahost konfliktve rar beitet.El sa Dreissig sang sie im Großen Festspielhausmit klarem Sopran bis in unsingbare Höhen. Der Schluss war leise wie erstarrt.
Völkerverständigung
Das zur besseren kulturellen Verständigung gegründete West-Eastern Divan Orchester, das aus israelischen und arabischen Musikern besteht, musizierte unter seinem zweiten Grün dungs vater, dem souveränen Daniel Barenboim, hoch konzentriert.
Mit dem feierlichen, dann vers ch webenden Ad agio, das man vielleicht schon entrückter gehört hat, endete dann die neunte Symphonie von Anton Bruckner. Und auch das erste Salzburg-Konzert des Orchesters: Zwar mit kleinen Präzis ions mängeln aber immer mit strahlendem Klang, warmen Farben, guten technischen Einzelleis- tungenwurdestetsdie Balance zwischen Fülligkeit und Transparenz gewahrt.
KURIER-Wertung: ***
Beim zweiten Konzert: Peter Iljitsch Tschaikowskis einziges Violinkonzert, ein wunderbar romantisches Werk, das noch genussreicher wird, wenn eine Ausnahme künstlerin wieLi sa Batiashvili am Werk ist. Sie musizierte mit reinster Tongebung, feinsten dynamischen und farblichen Nuancen, zugespitzen Tempi, berührendem Ausdruck und sensationeller Virtuosität, vor allem in den Kadenzen, die der Solistin alles abverlangten. Begleitet wurde sie einfühlsam vom WestEastern Divan Orchestra unter Barenboim, der das Orchester oft kaum mehr hörbar zurücknahm, dass sie die feinsten Pi anis pielen konnte. Für den großen Jubel bedankte sie sich mit einer Zugabe von Bach.
Zuvor hatten sich die Musiker mit einer effektvoll gespielten Polonaise aus Tschaikowskis Oper „Eugen Onegin“vorgestellt. Bei Debussys „La Mer“konnte man das rauschende und säuselnde Meer förmlich erspüren. Ein weiteres Highlight folgte zum Finale: Alexander Skrjabins „Le Poème de l’extase“. Mit einem gigantischen Aufgebot an Musikern wurden die sich stets überbietenden S teig erungsw ellen bis zum strahlenden Finale wunderbar herausgearbeitet.