Hochgenuss
Hochgenuss. Das Lechtal und das Tannheimer Tal sind noch so authentisch, wie wir uns Tirol vorstellen: bewirtschaftete Almen, einsame Bergseen und deftige Küche. Irgendwie kitschig und doch echt.
Tirol. Im Lechtal und im Tannheimer Tal findet man noch Ursprünglichkeit. Auf Almen, an Seen und am Teller.
Was wollt ihr denn am Ende der Welt?“fragt der Fahrer am Weg ins Tiroler Lechtal. „Nur Wandern und Essen, davon aber reichlich.“Er überlegt kurz: „Eh gut, wird Zeit, dass die Leute ins Lech tals tattinsZill er tal fahren “. Recht hat er. Eigentlich unverständlich, warum das lange Trogtal nicht mehr Beachtung findet. Hat der geneigte Aktiv urlauber mit dem Lech weg doch tolle Möglichkeiten zum Gehen und Radeln. Der rund 125 km Weitwanderweg führt entlang des Flusslaufes von der Quelle bei Lech am Arlberg bis zum Lechfall bei Füssen im bayerischen Allgäu. Wer es gerne ein bisschen aufregender mag: Auch Canyoning oder Rafting bietensichanund in den Bergen fühlen sich Paragleiter wohl.
Das Beste: es ist trotzdem authentisch geblieben, nie überlaufen. Im ganzen Tal gibt es keine Ampel, teilweise auch keinen Handy empfang .„ Früherha bens g’sagt, wir haben alles verschlafen, jetzt beneidet man uns um unsere Ursprünglichkeit “, meint Martina Obwegesser, Wirtin im Hotel Post in Steeg. Der einzige Ort im Tal, an dem es haubenprämierte Küche gibt. Das heißt nicht, dass man nicht anderenortsausgezeichnet speisen kann.
Am offenen Herd
EinLechtaler-Original, dasjeder der 5000 Taleinwohner kennen dürfte, ist Guido Degasperi aus Elbigenalp. Der bald 70-Jährige steht im Familienbetrieb „Restaurant zur Geierwally“einmal die Woche am offenen Herd und zieht eine gewaltige Show ab und erzählt vom Brauchtum. Dabei kocht er regionale Spezialitäten. Lechtaler Kassuppe, Krautkrapfen, Holzfällernocken, Schweinebraten, Schlamperkraut oder Buchtlknedl etwa. Als Dessert gibt’s „Zupf“und „Gstepf“(Bauernschmarrn und Apfelmus). Zwischen den Gängen spielt sein Enkel Jacob die„Quetschn “. Die alten Rezepte hat Guido vor vielen Jahren bei Frauen der Region erfragt.
Das Alte erhalten ist eine Leidenschaft von Guido, das merkt man an den vielen Sammlerstücken in der Gaststube, wie einer alten Tracht, der Stubenwiege, die heute als Schnapsbar dient, oder dem alten Porzellan in den Vitrinen. Er sammelt alles, was mit „Geierwally“Anna StainerKnit tel zutun hat und ist Experte für die gebürtige Lechtalerin. Beim interaktiven Heimatmuseum „Wunderkammer“hat der bekannte Elbigenalp-Wirt tatkräftig mitgewirkt und wird per Video immer wieder zugeschaltet, um die Geschichte der berühmten Tiroler Feministin zu erzählen.
Tradition neben Moderne
Gleich nebenan ist die Schaubrennerei „Lechtaler Haussegen“. So modern und hip, dass man sie kaum im Lech tal vermuten würde. Melanie undMa rio Huber haben ohne Vorkenntnis angefangen Edelbrände und andere Destillate zu kreieren und sind nach Jahren des Experimentierens nun erfolgreich mit ihren kreativen Produkten – vom Enzianbrandzum Schokogeist.
Zu den besonderen Lechtaler Produzenten gehört auch Karl-Heinz Strohmaier. Er betreibt die Petersbergalm mit 23 Kühen auf 1250 Meter in Hinter horn bach. Zweimal am Tag wird gemolken, seine Arbeit fällt unter Land schafts pflege und Kulturgut. Das ist nicht sehr wirtschaftlich, aber wichtig.
Der Weg zur Alm ist flach ansteigend und auch für Familien in zwei gemütlichen Geh stunden zu erreichen. Beider einzigenSennalm der Region werden hausgemachte Milchprodukte kredenzt und auch zum Verkauf für Zuhause angeboten. Besonders gut kommt der Bergkäse mit Blüten an, der gebürtige Vorarlberg er versteht sein Handwerk. Fünf Tonnen Käse produzierter im Sommer, da sV erh ackerte und den Speck, die beider Brotzeit auch am Jausenbrettl landen, steuert sein Bruder bei.
Regionale Produkte werden auf der Sonnalm Jöchelspitze auf 1800 Meter serviert. Beim herzhaften Berg frühstück stärken wir uns für unsere bevorstehendeWanderung mit der Kräuter hexe Daniela Pfefferkorn. Der Bauch ist schnell voll, aber an den Ausblicken von der Sonnenterrasse können wir uns nicht sattsehen. Mit dem Bimmeln der Kuhglocken im Hintergrund ist der Tiroler Kitsch perfekt und doch sehr authentisch.
Daniela überredet uns zum Aufbruch. Hier auf 1800 Meter blüht gerade alles, was man für die natürliche Hausapotheke brauchen kann: Schafgarbe, in der alle Schüssler-Salze enthalten sind, roter Klee, der gerade für Sirup und Tee im Trend liegt oder Meisterwurz, das Bergkraut, das die Wundheilung fördert. Sie erklärt uns, dass Spitzwegerich bei Insektenstichen und Husten Abhilfe schafft, der Breitwegerich gegen Ohrenschmerzen gewachsen ist. Wir prägen uns alles ein und wollen die Naturapotheke künftig stärker in Anspruch nehmen.
Kräutermedizin
Im benachbarten Tannheimer Tal treffen wir auf der Schutzhütte Krinnenalpe auf Martin Rief. Auch der tüchtige Almwirt versteht es mit Kräutern zu arbeiten. Sieben davon landen in seinem Krinnenbrand. Köstlich. Undgegenirgendwaswirds sicher helfen. Zumindest als Digestif für Martins Hüttenpfanne und seinen Kaisers chmarrn.Gute„W an der unterlage “. Von hier starten „schöne, breite Wege. Es wurde viel investiert in den letzten Jahren.“Neben seiner Tätigkeit als Hüttenwirt muss Martin seine Kühe versorgen .153 hat er zu Saisonbeginn auf die Alm gebracht. Der Lohn für seine harte Arbeit? „Ich darf immer mit Blick auf die Berge der Gimpelgruppe arbeiten. Ein Traum.“
Unser liebster Ausblick wartetaber am nächsten Morgen auf uns. Dann stehen wirbei bestem Licht vorm Vilsalpsee in Tannheim auf 1165 Meter und können uns fast nicht losreißen. Der Bergsee ist eine Augenweide, die wir beinahe alleine genießen können. Wenn wir genau überlegen, hatte der Fahrer nicht Recht. Touristen, bleibt bitte im Zillertal, dann haben wirLe ch undTannh eimer Talw eiter ganz für uns alleine.