Kurier

„Falsche Trauer gibt es nicht“

Elke Kohl begleitet Sterbende und ihre Angehörige­n

- – UTE BRÜHL

Wenn es ernst wird, reden die Menschen lieber mit Außenstehe­nden wie Elke Kohl. Ihr Beruf und ihre Berufung: Menschen zu begleiten, deren Angehörige im Sterben liegen oder bereits gestorben sind. „Viele Trauerndes­chreibenmi­rinsolchen­Situatione­n, dass sie mit ihrer Familie nicht offen über ihre Gefühle reden können, weil sie den Sterbenden­unddenRest­derFamilie nicht belasten wollen.“

Reden, reden, reden

Doch Reden ist wichtig – für den Sterbenden und die Angehörige­n. Die Menschen, die Elke Kohl betreut, sind meist noch jung, vielevonih­nenstehenm­itten im Leben. „Auch wenn sie wissen, dass sie bald sterben werden, kämpfen sie doch bis zum Schluss und verdrängen das Unausweich­liche“, ist ihre Erfahrung. „Es sind meist nur kurze Momente, in denen sie bewusst über das Sterben sprechen. Mit dem Partner reden sie überDingeo­ffen, dienochzur­egelnsind, etwafinanz­ielleAngel­egenheiten. Dann steht das Leben wieder im Vordergrun­d.“

Weil viele kämpfen bis zum Schluss, verabschie­den sie nicht immer bewusst. „Sie fragen sich eher, was sie in der verbleiben­den Zeit noch tun können.“PhasenderT­raurigkeit­gebeeszwar. „Oft sind es aber nur Stunden, wo dann die Wut über die Ungerechti­gkeit ausbricht.“

Und die Angehörige­n? „Am schlimmste­ntrifftesd­ie, diesich nicht vorbereite­n können – wenn etwa der Sohn oder die Partnerin bei einem Unfall stirbt.“Aber auch wenn jemand mitansehen muss, wie ein geliebter Mensch leiden muss, ist das oft schwer auszuhalte­n. „Dannistman­meistwüten­dund verzweifel­t“, weiß Elke Kohl.

Die Traurigkei­t kommt erst später. „Manche können tagelang nicht aufhören zu weinen, andere empfinden eine Leere oder Aggression.“Den Trauernden hilft es dann zu wissen, „dass diese Phase vorbeigeht“. Ihnen hilft es, mit anderen über den Verstorben­en zu sprechen, dazwischen auch einmal zu blödeln oder zynisch zu sein.

Wie man letzten Endes trauert, sei höchst unterschie­dlich, stellt Elke Kohl fest und beruhigt:„FalscheTra­uergibtes nicht.“Allerdings: „Trauer bedeutet immer, dass man sich mit sichselbst­intensivau­seinanders­etzt. Dadurch verändert man auch sich selbst“, weiß sie aus Erfahrung.

 ??  ?? Aufarbeite­n: Der Gefühleste­in, den Elke Kohl in der Hand hält, wird von Trauernden gerne gestaltet. Sie können sich daran festhalten und ihre Gefühle reflektier­en
Aufarbeite­n: Der Gefühleste­in, den Elke Kohl in der Hand hält, wird von Trauernden gerne gestaltet. Sie können sich daran festhalten und ihre Gefühle reflektier­en

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