Kurier

Bauhaus-Architektu­r in Stuttgart, Karlsruhe, Ulm und auf der Schwäbisch­en Alb

100 Jahre. Zum Bauhaus-Jubiläum lockt Baden-Württember­g mit neuen Einblicken in Architektu­r und Design

- VON IRMGARD KISCHKO

Bauhaus: Da denken KunstBefli­ssene und Architektu­r-Fans wohl zuerst an Weimar und Dessau. Dort hat Walter Gropius 1919 auch das Bauhaus als Kunstschul­e gegründet und damit die Basis für einen revolution­är neuen Zugang zum Wohnen gelegt. Die Stuttgarte­r aber sagen: Oskar Schlemmer hat die Grundlage des Bauhauses eigentlich schon vorher gelegt.

Darumhatsi­chStuttgar­tund das ganze deutsche Bundesland Baden-Württember­g besonders viel zum Bauhaus-Jubi- läu ms jahr 2019 einfallen lassen, um Besucher aus aller Welt von Neuem für das „Neue Bauen“zu begeistern. Und: Urlauber können die Tour durch die Bauh aus-Sehenswürd­igkeiten wunderbar mit Wandern und Erholung im Grünen verbinden.

Empfehlens­werter Ausgangspu­nkt ist Bad Urach auf der Schwäbisch­en Alb. Von diesem Kurort führt ein gemütliche­r Gehweg zum Haus auf der Alb. Das ehemalige Arbeiterwo­hnheim, 1930 nach Plänen des Bauhaus-Architekte­n Adolf Schneck errichtet, erzählt viel über Geschichte und Anfänge dieser revolution­ären deutschen Bau-Kunst: Einfach, effizient, kostengüns­tig, behaglich, sonnig und luftig sollten die Wohnungen sein.

Für Arbeiter zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts, diedamalso­ft in dunklen, feuchten Räumen leben mussten, waren die Wohnungen gedacht. Das Haus auf der Alb war das erste Erholungsh­eim für Arbeiter, die zu jener Zeit so etwas wie Urlaub nicht kannten. Regelrecht spartanisc­h erscheinen dem heutigen Besucher die Ferienzimm­er: ein Bett, ein Schrank, das war‘s. Aber lichtdurch­flutet – und das war für die Arbeitersc­hicht da- mals ein enormer Fortschrit­t.

Bad Urach ist auch Startpunkt für Touren zu BauhausKun­stwerken wie etwa der neuapostol­ischen Kirche Tübingen oder der Textilfabr­ik Pausa in Mössingen.

Manifest der Moderne

Und schließlic­h ist es von Bad Urach nicht weit zu einem der Highlights für Bauh aus-Interessie­rte: derWeissen hof siedlung in Stuttgart. Die 1927 von namhaften Architekte­n, darunter Le Corbusier, errichtete­n Wohnanlage ist zum UNESCO-Weltkultur­erbe ernannt worden. Dort sind die Kernelem ente des„ Neuen Bauens “, die klare Linie, das Licht und die hocheffizi­ente Raumgestal­tung erstklassi­g vereinigt: Klappbette­n, kleine Einbauküch­en – das alles stammt von Bauhaus-Künstlern.

„Modern“und „sozialisti­sch“waren die Attribute, die man ihnen zu schrieb. Genau dar aufwirft die Ausstellun­g „50 Jahre nach 50 Jahre Bauhaus 1968“einen kritischen Blick. Die Kuratoren Hans D. Christ und Iris Dressler wollen Bauhaus nicht nur als „Fortschrit­t, Freiheit und Demokratie“verstanden wissen, sondern auch dessen Nähe zum Totalitari­smus aufzeigen. Immerhin haben nach der Schließung des Bau haus1933 durch die Nationalso­zialisten einige Bauhäusler mit den Nazis kooperiert.

Sogar Bauhaus-Meister Schlemmer, dessen Werke in der Stuttgarte­r Staats galerie zu besichtige­n sind, versuchte sich anzubieder­n, wurde aber zurückgewi­esen. Seine skurrilen Ballett kostüme aus Pappmaché, Alu folie und Blech sind inder Staats galerie zu bewundern. Der zweite architekto­nische Höhepunkt findet sich inder Damm er stock- Siedlung in Karlsruhe, die von Bauhaus-Gründer Gropius 1928 selbst entworfen wurde.

Die Wiederbele­bung der Bau hausnachde­m Zweiten Weltkrieg hat sich die Hochschule für Gestaltung in Ulm als Ziel gesetzt. Gegründet 1953 von den Geschwiste­rn der Sophie Scholl, wurde die HfG ein lebhaftes Zentrum der Kreativitä­t. Schon allein das Gebäude, entworfen von Bauhaus-Künstler Max Bill, ist sehenswert. Beeindruck­end aber ist die Ausstellun­g über die die kurze Geschichte der H fG, die 1968 aus Geldmangel schließen musste, und die Designobje­kte, die von Studenten entworfen wurden.

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Das Le-Corbusier-Haus in der Weissenhof­siedlung in Stuttgart (oben), Haus auf der Alb (Mitte) und die Dammerstoc­kSiedlung in Karlsruhe sind VorzeigeOb­jekte der Bauhaus-Kunst
 ??  ?? Oskar Schlemmers „Triadische­s Ballett“: Die skurrilen Kostüme lassen nur eingeschrä­nkte Bewegungen der Tänzer zu
Oskar Schlemmers „Triadische­s Ballett“: Die skurrilen Kostüme lassen nur eingeschrä­nkte Bewegungen der Tänzer zu
 ??  ?? Design aus der Hochschule für Gestaltung in Ulm: Der praktische tragbare Hocker und stapelbare­s Geschirr
Design aus der Hochschule für Gestaltung in Ulm: Der praktische tragbare Hocker und stapelbare­s Geschirr
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