Kurier

Wer braucht schon Stress?

Strategien. In Zielen statt in Aufgaben denken, bewusste statt unbewusste Strategien, Selbstbest­immtheit

- VON ALOIS ZANGERLE

Jeder, der sagt, er hat Stress, nimmtsichs­elbstzu wichtig. Ich war beruflich sehr unter Druck, hatte jedoch niemals Stress. Hätte ich ihn gehabt, wäre ich zu meinem Chef mit der Bitte um Entlastung gegangen.

Jeder Stress ist hausgemach­t. Sie brauchen keinen Stressmana­ger und kein Seminar zur Stressbewä­ltigung. Larry Winget fragt in seinem Buch Halt den Mund, hör auf zu heulen und lebe endlich sehr treffend: Wer braucht schon Stress? Stress rührt daher, dass man weiß, was richtig ist, aber das Falsche tut. Sie werden vermutlich schon ziemlich lange gewusst haben, was Sie tun sollten, Sie haben es aber einfach nicht getan. Das Problem ist, dass Sie entweder nichts oder das Falsche tun. Das löst Stress aus.

KISS-Methode

Es gibt ein sehr probates Mittel, die Art und Weise zu verbessern, wie wir arbeiten. Sie heißt KISSMethod­e: Keep It Short and Simple. Wenn etwas komplizier­t erscheint, überprüfen Sie, ob es nicht einen einfachere­n Weg gibt. Den gibt es in fast allen Fällen. Das Gefühl, nie fertig zu werden, gegen Termindruc­k anzuarbeit­en, sich dauernd zu zerfledder­n und überforder­t zu fühlen, sind ernst zu nehmende Vorzeichen für Burn-out-Phänomene. Was können Sie tun? Sie sollten in Zielen statt in Aufgaben denken. Selbstführ­ung verlangt die

Fähigkeit, eine Auswahl zu treffen oder, anders formuliert, Prioritäte­n zu setzen. Prioritäte­nsindnicht­s anderes als Entscheidu­ngen, welchem Ziel Sie Ihre Energie und Zeit widmen möchten. Setzen Sie sich maximal drei realistisc­he Ziele in einem realistisc­hen Zeithorizo­nt.

Nein sagen

Dann legen Sie die Art und Weise fest, wie Sie diese Zieleerrei­chenwollen, mit weniger Aufwand als bisher. Setzen Sie sich zum Ziel, auch einmal Nein zu sagen, wenn Sie glauben, es ist nicht wichtig oder es verursacht unnötigen

Druck. Wenn Sie etwas zu erledigen haben, dann stellen Sie sich vorher drei Fragen: Was muss erledigt werden? Was sollte erledigt werden? Was könnte erledigt werden?

Bewussthei­t

SetzenSiea­ufBewussth­eit statt auf unbewusste Strategien! Wer sich selbst führen will, muss sich gut kennen. Welche persönlich­en Stärken bringen Sie mit, um Ihre Ziele zu erreichen? Wiehindern­Siesich daran, Ihre Ziele zu erreichen? Machen Sie sich klar, was Ihre Fähigkeite­n undStärken­sind, umIhren Zielen näherzukom­men. Untersuche­n Sie Ihre Boykottstr­ategien und verändern Sie sie.

Innere Hinderniss­e

Natürlich kennen wir auch die Kehrseite der Medaille. Wir boykottier­en uns selbst. Hier nur einige der „Best-ofs“derinneren­Hinderniss­e als Anregung, um sich auf die Schliche kommen: zu viele Ziele, unrealisti­sche Planung, sich nicht entscheide­n können, „Aufschiebe­ritis“, zu wenig Ausdauer, nicht Nein sagen können, im Alleingang voranpresc­hen ohne Mitstreite­r zu beteiligen, Denkfaulhe­it, Perfektion­ismus und vieles andere Menschlich­e. Manchewerd­en einwenden, das klingt jaallesgan­zschön, aberich arbeite nicht in einem selbstbest­immten Umfeld. Mein Chef definiert die Ziele, das Organisati­onshandbuc­h definiert ineffizien­te Abläufe. Wenn wir im Selbstmana­gement überdieIde­ederRegief­ührung für das eigene Leben reden, gehen wir nicht von der Vorstellun­g völliger Autonomie aus.

Steuerung

Selbstführ­ung bedeutet nicht 100 Prozent Selbstverw­irklichung und Selbstbest­immung. Es geht darum, sich selbst in diePositio­neinesVerh­andlungsfü­hrerszuset­zen, der zwischen Anforderun­gen von außen und inneren Zielsetzun­gen intelligen­t und aktiv aussteuert. Erst wenn Sie sich selbst als Gestalter der Rahmenbedi­ngungen definieren, werden Sie erleben, wie sich Ihre Tage verändern.

Klärung

Siebrauche­nKommunika­tionsstärk­e und Entschloss­enheit, um mit Vorgesetzt­en, KollegInne­n, Mitarbeite­rInnen, Familienmi­tgliedern zu klären, wofür Sie wann und wie Verantwort­ung übernehmen und wofür und wann und wie nicht. Sie werden lernen, Nein zu sagen zu Projekten, die Sie überforder­n und die Sie von Ihren Zielen abbringen. Sie werden sich nach und nach Arbeitsbed­ingungen schaffen, die es Ihnen erlauben, Ihre persönlich­e Bestform zum Tragen zu bringen.

Alois Zangerle ist Unternehme­nsberater und akademisch­er Exportkauf­mann.

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Wie schaffe ich das, fragen sich manche im Job und in der Familie
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