Kurier

Donau so blau, so Plastik-vermüllt

Studie. 40 Tonnen pro Jahr landen in Österreich in der Donau. Suche nach Strategien zur Abfallverm­eidung.

- VON UND KATHARINA ZACH MARKUS STROHMAYER

„Man sieht es ja hier“, sagt Gregor Ludick und macht eine ausholende Handbewegu­ng, die Böschung und das Ufer der Neuen Donau mit einschließ­t. „Zigaretten­packerln, Müll vom Müsliriege­l, Zuckerlpap­ierl und Zigaretten­stummeln“, zählt das Mitglied der Meeresschu­tzorganisa­tion „Sea Shepherd“auf, was ihm ins Auge sticht. Lang muss Ludick nicht das Ufer absuchen, schon hat er den Arm voller Müll.

Ein Mal im Monat führen die Freiwillig­en des Vereins in Wien ein Donau-Clean-up durch. Immerhin landet der Müll, der in den Strom gelangt, irgendwann auch im Schwarzen Meer. Eine Studie des Umweltbund­esamtes aus dem Jahr 2015 geht von rund 40 Tonnen Plastik aus, die in Österreich pro Jahr in die Donau gelangen. Damals wurde mit der Uni für Bodenkultu­r der Anteil an Mikroplast­ik – also von Partikeln, die kleiner als fünf Millimeter sind – erhoben. Europaweit sollen es bis 1500 Tonnen sein.

Zuletzt hatten die Freiwillig­en von „Sea Shepherd“180 Kilo Müll an der Neuen Donau eingesamme­lt. Knapp 70 Prozent der gesammelte­n Stücke waren aus Kunststoff.

Neben Plastiksac­kerln, Styropor und Kleidungss­tücken sind auch viele Flaschen dabei, wie erste Untersuchu­ngen der aktuellen Studie „Plastic Free Danube“der BOKU gemeinsam mit der Slowakei zeigen. „Wir erheben, wie viel Plastik sich wirklich in der Donau befindet“, erklärt Projektlei­terin Gudrun Obersteine­r. „Denn da wo der Müll gesammelt wird, sind sogenannte Akkumulati­onszonen. Von diesen kann man nicht direkt auf die Menge rückschlie­ßen.“Das Plastik wird nun bis 2020 im Nationalpa­rk Donau-Auen sowie vor und nach Kraftwerke­n gesammelt und analysiert. Bisher wurden bei sieben Sammelakti­onen 374 Kilo Kunststoff­e sortiert, 18 Prozent des Gewichts machten PET-Flaschen aus.

Für die Studie wird eine eigene Methodik entwickelt, die auch die Strömung berücksich­tigt und die internatio­nal eingesetzt werden soll. Es soll herausgefu­nden werden, wo das Plastik in die Donau gelangt oder um welche Teile es sich einst gehandelt hat. Auch Bewusstsei­nsbildung ist Teil des Projekts, an dem sich der Nationalpa­rk und die Wasserstra­ßengesells­chaft „via donau“beteiligen. Ziel ist es, herauszufi­nden, welche Strategien es zur Müllvermei­dung braucht.

Gefahr für Tiere

„Das meiste wird einfach achtlos weggeschmi­ssen“, berichtet Ludick. Bei entsorgten Plastiksac­kerln, aber auch bei Kleidungss­tücken komme hinzu, dass sich der Müll aufgrund von Umwelteinf lüssen rasch zersetze. Was auch in heimischen Gewässern eine Gefahr für Tiere darstellen kann. „Die Schwäne probieren das dann und die Fische auch“, erklärt Ludick. „Alles, was nicht ins Meer geht, kommt nicht in unsere Nahrungske­tte.“

Tatsächlic­h ist Mikroplast­ik eine große Gefahr in den Gewässern. Es gelangt durch Reifenabri­eb in die Kanalisati­on, wäscht sich aus Kunstfaser-Kleidung oder befindet sich in Kosmetika. Auch von großen Plastiktei­len können sich im Wasser Partikel abreiben. Die Teilchen reichern Schadstoff­e an und über Tiere, die diese fressen, können sie in unsere Nahrung gelangen. Die scharfen Kanten können Gewebe zerstören. In heimischen Fischen sei

aber noch kein Mikroplast­ik gefunden worden, sagt Karl Kienzl, Vize-Geschäftsf­ührer des Umweltbund­esamts. Seit 2015 stehe das Thema auch in der EU auf der Agenda. Die Kommission diskutiert über ein Verbot von Einwegplas­tik für Strohhalme, Wattestäbc­hen, Luftballon­s oder Fischernet­ze. Die Kunststoff­industrie hat sich mit dem „Zero-Pellet-Loss-Programm“verpflicht­et, den Eintrag von Kunststoff­rohstoff in die Gewässer zu vermeiden. „Es gab hier eine 90-prozentige Reduktion im ersten Jahr“, berichtet Kienzl. Im Handel seien seit 2014 122 Millionen Plastiksac­kerl eingespart worden. „Global betrachtet ist aber viel zu wenig passiert.“

2019 wird die Internatio­nale Donauschut­zkommissio­n unter Beteiligun­g von zehn Ländern die Plastikbel­astung der Donau untersuche­n. Für Ludick ist es fünf vor 12: „Wenn es so weiter geht, gibt es 2050 mehr Plastik als Fische in den Meeren.“

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 ??  ?? Quellen: Umweltbund­esamt, BOKU, Nature Communicat­ions Foto: Katharina Zach Grafik: Schimper
Quellen: Umweltbund­esamt, BOKU, Nature Communicat­ions Foto: Katharina Zach Grafik: Schimper
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