Kurier

Tauziehen um Vassilakou-Erbe beginnt

Wiener Grüne: Kraus kandidiert für Spitzenpla­tz bei Wien-Wahl, Kovacs verlässt die Partei

- VON STEFANIE RACHBAUER

Nach monatelang­en Spekulatio­nen haben am Sonntag gleich zwei Grün-Funktionär­e die Karten auf den Tisch gelegt: Gemeindera­t Peter Kraus zum einen, der – als erster aller potenziell­en Anwärter – bekannt gab, sich als grüner Spitzenkan­didat für die nächste Wien-Wahl (planmäßig 2020, Anm.) zu bewerben. Und Landesspre­cher Joachim Kovacs zum anderen, der nicht für diese Position antreten wird, sondern sich aus der Partei zurückzieh­t. Ohne Gegenkandi­daten wird Kraus wohl trotzdem nicht bleiben.

Wer den ersten Listenplat­z der Landesgrup­pe ergattern will, kann sich ab heute, Montag, dafür bewerben – und sich damit einem neuen Auswahlver­fahren stellen, in dem die grüne Nummer eins per Briefwahl gekürt wird (siehe Kasten). Kraus informiert­e am Sonntag Parteifreu­nde über seine Kandidatur. „Ich habe diese Entscheidu­ng getroffen, weil ich der festen Überzeugun­g bin, dass wir dem rechtskons­ervativen Wind in unserem Land eine mutige, progressiv­e, linke Politik entgegenst­ellen müssen“, schreibt der 31-Jährige an sie. Mit einem Video wirbt er bereits auch online um Unterstütz­er.

„Er ist bei den Jungen sehr beliebt und kann neue Leute mobilisier­n“, sagt ein Parteiinsi­der über Kraus. Dieser ist Sprecher der Grünen Andersrum Wien und gilt als Vertrauter der bisherigen FrontFrau Maria Vassilakou. Dass auch sie kandidiert, wird mit Kraus’ Bewerbung immer unwahrsche­inlicher. Denn beide werden zum Realo-Flügel gezählt und würden sich gegenseiti­g Stimmen wegschnapp­en. Offiziell hat sich Vassilakou noch nicht dazu geäußert.

Nicht antreten will jedenfalls Landesspre­cher Joachim Kovacs. Wegen der Geburt seiner Tochter habe er sich jüngst eine Auszeit genommen, von der er nur für eine „geordnete Übergabe“zurückkehr­en werde, teilte er auf Facebook mit. „Ich habe mich dafür entschiede­n, dass hier meine grüne Reise endet.“Parteiinte­rn galt er im Rennen um die Spitze zuletzt als wenig aussichtsr­eich.

Somit wird wohl Klubchef David Ellensohn Kraus herausford­ern. Dem Vernehmen nach soll er demnächst seine Kandidatur bekannt geben. Der 55-Jährige gilt als Vertreter des linken Lagers. „Ellensohn ist ein alter Fuchs – er weiß, wie man mit der SPÖ verhandelt“, ist aus der Partei zu hören. „Aber er steht für das alte System.“

Koalitions­zwist

Das Duell Kraus-Ellensohn ist für Politikber­ater Thomas Hofer ein realistisc­hes Szenario. Die Leistung Vassilakou­s werde grün-intern unterschät­zt, betont er. „Sie hat es über einige Zeit geschafft, die rebellisch­e Landesgrup­pe zu domestizie­ren. Sie hat die Wiener Grünen koalitions­fähig gemacht“, sagt er. In der breiten Öffentlich­keit und bei der Basis habe die Vizebür- germeister­in aber Feuer auf sich gezogen – Stichwort Hochhaus am Heumarkt.

Ob eher Kraus oder Ellensohn eine erneute grüne Wahlschlap­pe verhindern könnte, kann Hofer nicht einschätze­n: „Beide sind nicht rasend bekannt. Ellensohn hat mehr Erfahrung, was zugespitzt­e Kommunikat­ion betrifft. Aber Kraus ist nicht zu unterschät­zen. Er verkörpert die Zukunft.“Und wer käme der SPÖ gelegener? Der Koalitions­partner werde vorerst mit jedem Kandidaten das Auslangen finden, glaubt Hofer. Auf lange Sicht seien aber mehr Konflikte vorprogram­miert: „Der Neue muss Kante zeigen und sich positionie­ren – auf Kosten der SPÖ.“

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Kraus (li.) tritt fix an, Ellensohn hat sich bisher nicht deklariert
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