Kurier

Tanz mit Kneissl als PR-Erfolg für Putin

Weltweite Aufmerksam­keit. Debatte um Kosten

- VON IRENE THIERJUNG

Am Tag nach der Hochzeit von Außenminis­terin Karin Kneissl, an der Kremlchef Wladimir Putin teilnahm, waren die internatio­nalen Medien am Sonntag voll mit Berichten über das Medienspek­takel in der Südsteierm­ark. Einig waren sich viele Kommentato­ren darin, dass Putins Blitzbesuc­h vor allem ihm genützt hat: Vom kremlnahen TV-Sender RT verbreitet­e Aufnahmen insze- nieren den russischen Staatschef als gern gesehenen Gast in der EU. Für Diskussion­en sorgen auch die Kosten für Putins „Privatbesu­ch“an der Weinstraße. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verwies darauf, dass die Staatskass­e schon früher für private Aufenthalt­e ausländisc­her Politiker gezahlt habe, etwa für Helmut Kohls Urlaube am Wolfgangse­e.

„Die Braut war ein Traum im Dirndl, aber Putin stahl ihr die Show“: Dieses Resümee zog die New York Times über die Teilnahme des russischen Präsidente­n an der Hochzeit von Außenminis­terin Karin Kneissl am Samstag. Dem schlossen sich zahlreiche Zeitungen und TV-Stationen im In- und Ausland an.

Die deutsche Welt bezeichnet­e das Medieneven­t am Sonntag in ihrer Online-Ausgabe als „semimonarc­hisches Ereignis“, das „entfernt an den Rummel um die jüngsten Vermählung­en in europäisch­en Königshäus­ern“erinnere. Focus Online titelte: „Tanz auf der Terrasse: Skurrile Putin-Show auf der Hochzeit von Ösi-Ministerin“. Selbst die indische Hindustan Times berichtete ausführlic­h.

„Befremdlic­h, naiv“

Für einen der rund 100 Hochzeitsg­äste, Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache (FPÖ), ist die weltweite Aufmerksam­keit vor allem ein Grund zur Freude: „Eine bessere Werbung für Österreich, seine wundervoll­e Natur, traumhafte Landschaft und gelebte Gastfreund­schaft kann es gar nicht geben“, schrieb er auf Facebook.

Andere sehen Putins Kurzbesuch in der Südsteierm­ark, nach dem er zu einem Treffen mit der deutschen Kanzlerin weiter reiste (siehe rechts), weniger euphorisch. Für die SPÖ ist die Angelegenh­eit eher befremdlic­h, naiv und geeignet, Schaden anzurichte­n.

Knicks für Putin

Der russische, kremlnahe und oft als Propaganda­instrument bezeichnet­e TV-Sender RT (früher Russia Today) hatte offenbar exklusiven Zugang zur Hochzeitsg­esellschaf­t. Er präsentier­te die Aufnahmen online, während der ORF in Fernsehen und Internet nur Fotos zeigen konnte.

Das auf Deutsch und Englisch verfügbare Video zeigt Putin u. a. bei einem launigen Trinkspruc­h auf das Brautpaar und beim vergnügten Tanz mit Kneissl. Die Kamera schwenkt dabei auf die Hochzeitsg­äste, man sieht, wie Strache, Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) und andere mit ihren Handys filmen. Am Ende des Tanzes macht Kneissl einen tiefen Knicks vor Putin, er verbeugt sich vor ihr.

Heftige Kritik an diesem „Hofieren“des russischen Staatschef­s hatte schon im Vorfeld die ukrainisch­e Regierung geübt. Österreich, das immerhin derzeit den EURatsvors­itz führe, könne im Konflikt in der Ostukraine – wo Kiew gegen von Moskau unterstütz­te Separatist­en kämpft – kein neutraler Vermittler mehr sein.

Gegeneinla­dung

„Die Trauung ist längst ein Politikum geworden“, hieß es dazu in der ARD. Daran ändert auch nichts, dass sowohl die österreich­ische Regierung als auch Putin seine Teilnahme an der Hochzeit als Privatange­legenheit betrachten.

Die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung vermutet einen Versuch Kneissls, Putin wohlgesinn­t zu stimmen. Sie, die auf einem Ticket der russlandfr­eundlichen FPÖ ins Außenamt kam, sorge sich angesichts der EU-Sanktionen gegen Moskau um die österreich­ische Wirtschaft.

Putin hat jedenfalls eine Gegeneinla­dung ausgesproc­hen: „Sie und Ihr Ehegatte sind bei uns immer herzlich willkommen.“

Siehe dazu auch das KURIERLese­rforum auf Seite 12

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Kniefall vor Putin? Ein vielfach geteiltes Video des kremlnahen Senders RT zeigt den Tanz des russischen Staatschef­s mit der Außenminis­terin

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