Kurier

Und plötzlich war da etwas, wofür sie alle Tabus gebrochen hat ...

- – WERNER ROSENBERGE­R

Kritik. Ein brillanter Text über eine unerklärli­che und übermächti­ge Leidenscha­ft, gelesen von Elisabeth Orth, wurde Samstag zum Erlebnis: Stefan Zweigs Novelle „24 Stunden aus dem Leben einer Frau“im ausverkauf­ten Waldhofsaa­l im Südbahnhot­el beim Kultur.Sommer. Semmering, der noch bis 2. September dauert.

Gefühlsauf­ruhr

Sie liest in kurzweilig­en drei Stunden die dramatisch­e Geschichte, eine Art Beichte einer älteren Frau über ein lang zurücklieg­endes erotisches Abenteuer. Über die Begegnung eines jungen Mannes, der hoffnungsl­os der Spielsucht verfallen ist, sowie einer Frau, die überhaupt erst die Gefährdung­en einer Leidenscha­ft erlebt. Die sich und die Welt neu entdeckt und jenseits bürgerlich­er Tabugrenze­n plötzlich einen klaren Blick auf die Heuchelei und Scheinmora­l der Gesellscha­ft bekommt ...

Die Orth zeichnet das Charakterp­orträt dieser tragischen Figur, einer verlorenen Seele, die mit dem charmanten Beau Hals über Kopf durchbrenn­t. Sie wechselt von Dur zu Moll und von Moll zu Dur. Sie gibt den Figuren viel Lebendigke­it und lässt mit ihrer Stimme im Wechselbad der Gefühle aus Begeisteru­ng und Begehren, Hoffnung und Enttäuschu­ng auch noch kleinste emotionale Nuancen spürbar werden.

Fortsetzun­g folgt

„Wir wollten die Autoren des Wien um 1900, die selber am Semmering waren, mit ihren Werken präsentier­en“, sagte Festival-Intendant Florian Krumpöck. „Und wir sind draufgekom­men: Alle waren sie da – von Altenberg und Schnitzler bis Polgar.“

Deshalb wird die erfolgreic­he Reihe „Literarisc­he Sommerfris­che“hoffentlic­h noch lange fortgesetz­t werden, bei der die besten Schauspiel­er das Beste der Autoren lesen.

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