Die rot-weiß-rote Videospiel-Szene
Österreichischer Markt. Vor allem in Wien und der Steiermark wächst die Branche wieder
80 Spielestudios haben hierzulande ihren Sitz. Dabei setzen sie auf internationale Teams.
Allein im Vorjahr setzte die Videospiel-Branche 95 Milliarden Euro um, mehr als die Film- (35,5 Milliarden) und Musik-Industrie (15 Milliarden) kombiniert. Und auch in Österreich sind Videospiele eines der beliebtesten Hobbys. 4,9 Millionen Österreicher spielen auf Smartphone, Spielkonsole oder PC, fast jeder Zweite davon täglich. Jährlich geben die Österreicher für Spiele mehr als 300 Millionen Euro aus.
Ein Boom, von dem die heimische Branche kaum profitiert. Rund 80 SpieleStudios haben hierzulande ihren Sitz, laut einer Studie von Wirtschaftsministerium und WKO haben sie einen kombinierten Umsatz von 15 bis 20 Millionen Euro. Ein magerer Wert im internationalen Vergleich, insbesondere wenn man bedenkt, dass Wien einmal Standort großer Studios, etwa des „GTA“-Entwicklers Rockstar Games, war. Im Vorjahr musste man zwei weitere schwere Dämp- fer hinnehmen: Das Wiener Studio Sproing, mit mehr als 100 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber, und das knapp 20 Mitarbeiter zählende Socialspiel, mussten zusperren.
Vorbild Finnland
Ein Weckruf für die Branche, die sich nun über einen neu gegründeten Verband Gehör verschaffen will. Den „Pioneers of Game Development Austria“gehören sechs der größten Studios an, darunter Bongfish, Mi’pu’mi und Ovos. „Wir sind kein Show-Verband“, sagt der Vorstandsvorsitzende Michael Fink. „Es wird von vielen Stellen nicht verstanden, was wir brauchen. Die oft geforderte Innovation ist für viele Förderstellen bei Games nicht greif bar.“
Abhilfe könnte ein auf Videospiele zugeschnittenes Förderprogramm schaffen, wie es bereits in Ländern wie Polen, Frankreich oder Finnland erfolgreich eingeführt wurde. Finnland investierte 2009 unter anderem 5,5 Millionen Euro in den damals un- bekannten Entwickler Supercell. Dieser entwickelte sich mit Spielen wie „Clash of Clans“zu einem Giganten, im Vorjahr erwirtschaftete man mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz.
Frei statt fix
Erfolgsbeispiele wirken sich positiv auf die gesamte Region aus, wie Mike Borras, Geschäftsführer des Wiener Studios Iron Mountain Interactive, erklärt: „Wien hatte mit Rockstar Vienna ebenfalls Erfolg, aber dabei f loss nicht Geld, sondern nur Erfahrung in der Produktion und Produktentwicklung in das lokale Ökosystem zurück.“Borras neues Studio konnte kürzlich ein chinesisches Investment in der Höhe von drei Millionen US-Dollar an Land ziehen, der Standort Wien stand aber lange zur Debatte. Teile des Unternehmens werden an Standorte in den USA und China ausgelagert.
Ohnedies setzen viele heimische Entwickler verstärkt auf internationale Teams, beispielsweise die Tiroler Stillalive Studios („Bus Simulator 18“) und die Wiener Moon Studios („Ori and the Blind Forest“). Diese beschäftigen freie Mitarbeiter aus aller Welt. Effektiv allerdings gehen so auch Fördereffekte für die Region verloren.
Graz läuft Wien davon
Dass sich ein regionaler Fokus lohnt, zeigt unter anderem die Steiermark. Ein Team motivierter Entwickler gründete dort den Verein Game Development Graz, der regelmäßig Treffen und Events veranstaltet. Anfang Septem- ber finden unter anderem wieder die Game Dev Days statt, zu denen mehr als 400 Teilnehmer erwartet werden. Mit dem 75 Mitarbeiter starken Bongfish befindet sich der derzeit größte Arbeitgeber der heimischen Spiele-Branche in Graz. Laut Bongfish-CEO Michael Putz finde man in Graz mittlerweile einfacher Talente als in Wien: „Das mag an den hervorragenden Bildungsinstitutionen liegen, der guten Vernetzung zur florierenden Dev-Szene in Südosteuropa oder einfach der besonderen Lebensqualität in Graz.“