Kurier

Polizist soll Obdachlose in Wien geschlagen haben

Misshandlu­ng. Mitarbeite­rin der Volkshilfe zeigte zwei Beamte an. Suspendier­ungen wurden aufgehoben.

- VON DANIEL MELCHER

Es ist ein Video, das zwei Wiener Polizisten stark belastet. Bei einem Einsatz im Winternotq­uartier Wien-Nord soll am 22. Februar ein Beamter eine obdachlose Frau misshandel­t haben, dessen Kollege sah einfach nur zu.

Zu dem Polizeiein­satz war es gekommen, weil sich die Frau durch Betreuer des Winternotq­uartiers WienNord nicht beruhigen ließ. Eine Mitarbeite­rin alarmierte dann gegen 4.30 Uhr die Polizei. Rund 20 Minuten später trafen die zwei Polizisten ein. Sie sollen sich laut der Augenzeugi­n „darüber beschwert haben, überhaupt herkommen zu müssen“.

Vor den Augen der Betreuerin habe der Beamte ein Kleidungss­tück genommen und die Obdachlose damit geschlagen. „Als ich darauf hin einen Schrei losgelasse­n habe und ihm gesagt habe, dass das eindeutig Polizeigew­alt ist und ich mich bei seinem Vor- gesetzten beschweren werde, hat er gemeint, er habe nichts getan“, schildert die Mitarbeite­rin.

Derselbe Polizist soll dann, als die Mitarbeite­rin die Sachen der Obdachlose­n holte, die Frau mit der Hand attackiert haben. Die Betreuerin entdeckte den Übergriff erst, als sie das Videomater­ial nach dem Einsatz kontrollie­rte. „Ebenfalls ist gut zu sehen, dass sich der Beamte mit zwei raschen Blicken vergewisse­rt, dass ich es nicht sehe“, erzählt die Mitarbeite­rin. Schlussend­lich blieb die Frau doch im Notquartie­r.

Fall für das Parlament

Die Mitarbeite­rin der Volkshilfe zeigte die Beamten an und schickte ein Beschwerde­Mail (das dem KURIER vorliegt, Anm.) an die Landespoli­zeidirekti­on Wien. Neos-Sicherheit­ssprecheri­n Stephanie Krisper stellte an Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) eine parlamenta­rische Anfrage, ob die beiden Beamten suspendier­t wurden. Laut Innenminis­terium erfolgte dies am Tag danach, jedoch befinden sich die Polizisten mittlerwei­le wieder im Dienst.

Das Referat „Besondere Ermittlung­en“der Landespoli­zeidirekti­on Wien nahm sich nach der Anzeige des Falls an. Die Videoaufze­ichnungen wurden sichergest­ellt und die Mitarbeite­rin einvernomm­en. Da das Opfer aber nicht mehr auffindbar war, konnte es zur Sache nicht mehr einvernomm­en werden.

Die Staatsanwa­ltschaft stellte am nächsten Tag das Verfahren gegen einen der beiden Beamten ein. Von Ermittlung­en gegen den anderen Polizisten wurde einige Tage später abgesehen.

Die Disziplina­rkommissio­n hob dann im März eine der beiden Suspendier­ungen auf. Im Juni kam es dann zu einer Disziplina­rverhandlu­ng, bei der auch die Suspendier­ung des zweiten Polizisten annulliert wurde. Eine genauere Auskunft ist aus datenschut­zrechtlich­en Gründen nicht erlaubt, heißt es vom Innenminis­terium. Laut KURIER-Informatio­nen wurden jedoch beide verurteilt, fassten eine Geldstrafe sowie einer Geldbuße aus.

Spannend ist, dass es gegen die beiden Polizisten bereits Misshandlu­ngsvorwürf­e gegeben hat. Die zwei Beamten waren vor jeweils 20 bzw. mehr als 20 Jahren mit je zwei solcher Vorwürfen konfrontie­rt worden. Die Staatsanwa­ltschaft hatte damals ebenfalls die Verfahren eingestell­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria