Kurier

Gegen Minderjähr­ige auf dem Laufsteg

Vorstoß. Die renommiert­e Vogue fordert ein Verbot für Models unter 18

- VON JULIA PFLIGL

In der Welt der Mode ist die Vogue so etwas wie der Klassenspr­echer: Was die Redakteure der renommiert­en Zeitschrif­t schreiben, hat Gewicht. Und das Potenzial, die Branche nachhaltig zu verändern. Dementspre­chend laut hallt der jüngste Vorstoß der US-Ausgabe durch die Hallen der Modewelt: Auf Laufstegen, Magazincov­ern und in Modestreck­en sollen keine Minderjähr­igen mehr zu sehen sein. Die Vogue selbst kündigte bereits im Februar an, keine Models unter 18 mehr zu buchen.

Seit Brooke Shields im Februar 1980 als 14(!)-Jährige vom Cover lachte (siehe unten), habe die Vogue selbst immer wieder dazu beigetrage­n, Kinder als glamouröse Erwachsene zu vermarkten, räumt das Magazin in einem Artikel ein. „Es ist nicht richtig für uns, nicht richtig für unsere Leser und nicht richtig für die jungen Models, die darum kämpfen, auf diesen Seiten zu erscheinen. Wir können die Vergangenh­eit nicht ändern, aber wir können uns einer besseren Zukunft verschreib­en.“

Schutzmaßn­ahmen

Im Zuge der #MeToo-Bewegung war auch die FashionInd­ustrie unter Beschuss geraten. Als Reaktion hatte Condé Nast – jener Verlag, in dem auch die Vogue erscheint – bereits Anfang des Jahres neue Richtlinie­n für Fotoshooti­ngs verlautbar­t: eigene Umkleideka­binen, Nackt- und Bikinifoto­s nur nach Absprache und keine Zusammenar­beit mit Fotografen, denen sexuelle Belästigun­g vorgeworfe­n worden war. Auch in anderen Län- dern wurden Maßnahmen zum Schutz der Models erlassen: In Frankreich dürfen Models nur mit einem medizinisc­hen Attest gebucht werden, in Deutschlan­d müssen sie einen Body-Mass-Index von mindestens 18,5 aufweisen. Das Mindestalt­er ist nicht gesetzlich geregelt.

Wenig verwunderl­ich, wie die Vogue erläutert: Designer wollen für ihre Shows immer mehr Models, und da die vorgeführt­en Outfits immer enger werden, greifen sie gerne auf Teenager zurück, die in die Kreationen passen. Diese seien dem Druck aber meist nicht gewachsen, zumal in der Ära Social Media erwartet wird, dass Models auch abseits des Laufstegs präsent sind. Wie belastend die mediale Dauerpräse­nz und die ständige Entfernung von der Familie für Heranwachs­ende sein können, zeigte jüngst das Beispiel Kendall Jenner: Mit 14 unterschri­eb sie bei einer Modelagent­ur, jetzt, mit 22, kämpft sie mit Ängsten und Panikattac­ken. Andreea Diaconu, die für Gucci und Dolce & Gabbana arbeitete, erinnert sich mit Schaudern an ihre Anfänge: Mit 14 sollte sie oben ohne posieren, mit 16 wurde sie genötigt, in Clubs zu feiern, wo ihr Alkohol und Drogen angeboten wurden.

Berichte, die Sonja Hörmann von der Linzer Agentur Visage Models nicht überrasche­n. „Wir schicken keine minderjähr­igen Models nach Mailand, weil wir das nicht verantwort­en können.“Ein junges Männermode­l sei einmal freiwillig zurückgeke­hrt, weil man ihm nur dann Jobs anbot, wenn er auf Jachten mit anderen Männern feierte. „Das hat ihn nicht interessie­rt, aber so stark ist nicht jeder.“

Warum die Nachfrage nach blutjungen Models so groß ist? „Ich vermute, das ist der Zwang, ständig neue Gesichter zu zeigen – ‚Frischflei­sch‘, wenn man so will.“Außerdem seien Teenager einfacher im Umgang, sagt Hörmann. Die Forderung der Vogue unterstütz­t sie „zu 100 Prozent“: „Man braucht einfach keine minderjähr­igen Models. Sie sind mit 18 genauso schön, aber der Situation eher gewachsen.“Eine Umsetzung der Forderung dürfte realistisc­h sein: Zwei namhafte Agenturen sowie der „Council of Fashion Designers of America“haben ihre Unterstütz­ung erklärt. Auch Hörmann schätzt die Chancen gut ein: „Wenn die Vogue etwas sagt, dann heißt das was.“

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Geht es nach der Vogue, ist Supermodel Kaia Gerber (hier bei der AlexanderW­ang-Show im vergangene­n Juni) zu jung für ihren Job: Die Tochter von Cindy Crawford hat mit 13 ihren ersten Vertrag unterzeich­net, im September wird sie 17
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