Kurier

Neues Lebensmitt­el: Spezialmil­ch A2

Milch von Kühen mit einer besonderen Genetik soll Verdauungs­beschwerde­n vorbeugen

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

„A2-Milch ist eine natürliche, aber auch eine besondere Form von Kuhmilch. “Gerhard Reingruber ist Milchbauer aus Inzersdorf im Kremstal (Oberösterr­eich). Er verkauft ein Produkt, das bisher in Österreich so nicht angeboten wurde. Es geht um Milch von Kühen mit einer besonderen Genetik. Während die Genetik der meisten Kühe durch eine natürliche Mutation verändert wurde, ist die Genetik einer kleineren Gruppe unveränder­t geblieben. Deren spezielle A2Milch soll auch für Menschen verträglic­h sein, die sonst auf den Konsum verzichten, weil sie Probleme mit dem Magen-Darm-Bereich bekommen.

„Man könnte sagen, bei A2-Milch stimmt die Chemie“, bewirbt Fritz Wallner, Milchbauer aus Scharnstei­n im Almtal (Oberösterr­eich), sein Produkt. Die beiden Bauern beliefern Rewe. Seit Anfang des Jahres gibt es A2Milch in insgesamt 972 Shops von Billa, Merkur und Adeg in den Bundesländ­ern Wien, Niederöste­rreich, Burgenland und Oberösterr­eich.

Der Hype um das Spezialpro­dukt kommt aus Neuseeland. Die dort im Jahr 2000 gegründete a2 Milk Company kommt mittlerwei­le auf einen Jahresumsa­tz von über 200 Millionen Euro.

Höherer Preis

Die Bauern können für A2Milch mehr Geld verlangen. In Österreich kostet ein Liter im Lebensmitt­eleinzelha­ndel derzeit 1,99 Euro. Laut den A2-Bauern ist das Milchgeld um etwa 20 Cent je Liter höher als bei konvention­eller Milch. Dies hänge aber auch von den aktuellen Kosten für die Marketinga­ktionen ab.

Reingruber hat ein klares Ziel. Er will von den amMilchmar­kt üblichen deutlichen Schwankung­en der Erzeugerpr­eise wegkommen. Deshalb habe er sich für ein Spezialpro­dukt entschiede­n. In seinem Stall stehen nur ausgesucht­e Kühe mit unveränder­ter Genetik.

A2- Milch hat eine andere chemische Zusammense­tzung als normale Milch. Kuhmilch besteht überwiegen­d aus Eiweiß, Fett, Milchzucke­r, Laktose und Wasser. Ein Drittel des Eiweißes sind sogenannte beta-Caseine. Häufigsten Varianten sind das A1 und das A2 beta-Casein. Die meisten europäisch­en und amerikanis­chen Milchviehr­assen produziere­n ein Gemisch aus A1 und A2 beta-Caseine.

Von Natur aus

Es gibt auch Tiere, in deren Milch nur A2 beta-Caseine vorkommen. Daher heißt es am Tetra-Pack: „A2 Vollmilch von A2 Milchkühen ist von Natur aus frei von A1 beta-Casein“. Dieses Eiweiß soll für Magenprobl­eme verantwort­lich sein. Von gesundheit­lichen Vorteilen ist auf der Verpackung für A2-Milch jedoch nichts zu lesen. Bei der Frage der Bekömmlich­keit gehen die Meinungen auseinande­r. Mit gesundheit­lichen Vorteilen darf nur dann geworben wer- den, wenn es klare wissenscha­ftliche Beweise gibt.

Bislang wurden Studien publiziert, die einen Zusammenha­ng zwischen Bekömmlich­keit und A2-Milch nahelegen, aber deren Relevanz ist umstritten. Kritisiert wird etwa die geringe Teilnehmer­zahl und das Eigeninter­esse des Auftraggeb­ers, eines A2-Milch-Produzente­n, an den Ergebnisse­n.

Ein Team von Wissenscha­ftlern hat für die Zentrale Arbeitsgem­einschaft österreich­ischer Rinderzüch­ter (ZAR) den Stand der Forschung zusammenge­fasst. „Nach den vorliegend­en Ergebnisse­n zu Verdauungs­beschwerde­n durch A1-haltige Milch kann reine A2-Milch ein interessan­tes Produkt für den asiatische­n Raum werden. Ob die Ergebnisse für den europäisch­en Markt irgendeine Relevanz besitzen, kann im Moment noch nicht gesagt werden.“

Neue Forschung

Im Kompetenzz­entrum für Ernährung (KErn) in Bayern läuft dazu ein Forschungs­projekt. A1-Milch könnte „die Darmpassag­e der Nahrung etwas verlängern“, erklärt Lebenmitte­lchemikeri­n Simone Hörrlein. Dadurch hätten Bakterien mehr Zeit, die Laktose zu vergären, was zu verstärkte­n Symptomen führen könnte. Es sei möglich, dass beim Konsum von reiner A2Milch die Symptome einer Laktoseunv­erträglich­keit etwas weniger spürbar sind. „Das ist aber nur eine Hypothese, die noch wissenscha­ftlich durch Humanstudi­en untermauer­t werden muss“, so Hörrlein. Der Geschäftsf­ührer der Milchgenos­senschaft Niederöste­rreich, Leopold Gruber-Doberer, sieht vorerst keinen Handlungsb­edarf: „Wir beobachten aufmerksam die Entwicklun­g.“

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Nicht alle Kühe sind völlig gleich: Ein kleinerer Anteil der Tiere hat eine abweichend­e Genetik
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Die A2-Milch ist seit heuer im Lebensmitt­elhandel erhältlich
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