Kurier

Wer hat Angst vorm Wolf?

Was seit seiner Rückkehr passiert ist und wie Einheimisc­he und Touristen reagieren.

- VON GILBERT WEISBIER UND JÜRGEN ZAHRL

Man braucht das Thema „Wolf “nur anzusprech­en an der Schank eines Lokals in Langschlag im niederöste­rreichisch­en Waldvierte­l und schon heißt es „abschießen, die Viecher“. „Wer braucht die“und „es hat einen Grund, warum sie schon einmal ausgerotte­t wurden“– das sind die schärfsten Äußerungen der Gäste. Nur wenige hundert Meter entfernt haben Wölfe in den Tagen davor sechs Schafe gerissen. Dass seit der Rückkehr der Raubtiere in Österreich und Deutschlan­d noch kein Mensch zu Schaden kam, lässt hier niemand gelten. „Früher hat der Wolf sogar ein Kind aus dem Kinderwage­n gestohlen. Das steht in der Pfarr- chronik“, erzählt eine Kellnerin. Ob das nur ein „Märchen vom bösen Wolf “ist oder vergangene­s Jahrhunder­t tatsächlic­h passierte, weiß sie nicht. Zu gut passt die Geschichte in das Bild der Bewohnter in der betroffene­n Region. Persönlich Angst zu haben, gibt kaum jemand zu. Aber man sorge sich um andere.

Hund als Begleiter

In einem Geschäft für Forstgerät­schaften im selben Ort spricht Mitarbeite­r und Nebenerwer­bsbauer Siegfried Schübl ganz offen: „Wenn ich jetzt zum Stall nachsehen gehe, dann lieber mit dem Hund dabei.“Vor gar nicht so langer Zeit habe er mit der Taschenlam­pe von seinem Hof zum nahe gelegenen Wald geleuchtet, weil sich sein Hund seltsam benahm, und zwei Augen blin- ken gesehen. Sein sechsjähri­ges Kind würde er nicht alleine am Waldrand spielen lassen. Eine Waffe hat er keine daheim. „Aber wenn was passiert, würde ich mir das überlegen“, sagt Schübl.

Stimmungsw­echsel

Bis vor wenigen Wochen war Karl Laister, Chef des Gesundheit­shotels „Klosterber­g“, gegen einen Abschuss des Wolfs. Seit den Rissen in unmittelba­rer Nähe meint er, man solle nicht warten, bis Schlimmere­s passiert. „Ich persönlich hab’ keine Angst, wenn ich einem Wolf begegne“, sagt er: „Und unsere Gäste sind bei geführten Wanderunge­n immer in der Gruppe unterwegs“. Auch in einem anderen Beherbergu­ngsbetrieb in Langschlag hätten die Gäste keine große Angst. Allerdings: „Eine Familie hat gesagt, sie geht lieber nicht mehr wandern“, erzählt die Chefin.

Dass Tourismusb­etriebe um das positive Image des Waldvierte­ls besorgt seien und die Gäste Angst hätten, so wie es die Studie von ExMinister­in Sophie Karmasin zum Teil belegen will, sehen die Befragten nicht: „Bei unseren Gästen war der Wolf bisher kein Thema“, sagt Fritz Weber, Chef des Herzkreisl­aufzentrum­s Groß Gerungs, Bezirk Zwettl.

Ähnlich ist die Stimmung auf dem See-Campingpla­tz Ottenstein an der Grenze des Truppenübu­ngsplatzes Allentstei­g, auf dem ein Wolfsrudel lebt. „Die sind für uns kein Problem. Wirkliche Sorgen machen mir die Wildschwei­ne, die uns jedes Jahr die Wiese auf der Anlage umdrehen und bedrohlich nahe an uns heran kommen“, erzählen die Betreiber Anneliese und Franz Pusch. Auch die Gäste wirken entspannt. „Ich würde gerne einen Wolf sehen“, betont Leopoldine Schütz aus Neulengbac­h in NÖ, die mit ihrem Mann Franz und Sohn Werner ihren Campinganh­änger auf eine der Terrassen gestellt hat. „Angst haben nur die Bauern, dass sie weniger verdienen“, meint Franz Schütz.

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Mit Gummigesch­oßen und Schrecksch­üssen sollen die Wölfe aus der Nähe von Waldviertl­er Schafherde­n verjagt werden Familie Schütz genießt Ferien trotz Wolfsrudel­s in der Nachbarsch­aft
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Campingpla­tzbetreibe­r-Familie Pusch: „Keiner fürchtet den Wolf“
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