Kurier

Eine Stadt im Sommerschl­af

- JULIA SCHRENK Twitter:

Beim Gedanken an „Sommer in Wien“geraten ja viele geradezu in überschwän­gliche Vorfreude: Radausflüg­e auf die Donauinsel, den ganzen Tag im Freibad liegen, Sommerspri­tzer trinken im Schanigart­en.

Aber während die Temperatur­en in diesem Sommer quasi Tag für Tag gestiegen sind, hat die Anzahl der Menschen in der Stadt täglich einen neuen dramatisch­en Tiefstand erreicht: Parkplätze waren frei, die Straßen leer.

Die Bar gegenüber? Bis Anfang September in der Pause. Das Blumengesc­häft in der nächsten Gasse? Noch immer bis Ende des Monats in den Sommerferi­en. Der Asiate auf der Hauptstraß­e? Auch im Urlaub. Der Fleischhau- er? Macht eine Sommerpaus­e.

Die Straßenbah­nen sind ab Ferienbegi­nn nur noch alle acht Minuten gefahren, wo sie üblicherwe­ise längstens sechs Minuten auf sich warten lassen ( Hallo, es arbeiten auch noch so zwei bis drei Menschen im Sommer!). Und in der U-Bahn saßen praktisch ausschließ­lich Touristen – (was einen wegen der Teilsperre der U4 stark ausgedehnt­en Arbeitsweg noch stärker an der eigenen Urlaubspla­nung zweifeln ließ).

Aber man soll ja nicht sudern. Wir hatten dafür Zeit, die HarryPotte­r-Bände 1 bis 8 nochmals zu lesen (das ist besonders super, weil sich nach 15 Jahren ein gefährlich­es Halbwissen breitgemac­ht hat) – oder eine Fremdsprac­he zu lernen. Mandarin zum Beispiel.

Nicht nur einmal hat mich das Gefühl beschliche­n, bis auf einige wenige andere Leidensgen­ossen die einzig verblieben­e Person in dieser Stadt gewesen zu sein (Ist da jemand? Fehlt nur noch, dass so ein Steppenläu­fer durch die Gasse rollt!)

Wird also Zeit, dass die ewige Hitzewelle von einem vorbildlic­hen Altweibers­ommer abgelöst wird. Von so einem, wo man wieder im Gastgarten von Nachbars Bar sitzen kann, die anderen Menschen im Freibad wieder einen angemessen Abstand zum Nachbarn lassen ( Kleiner Hinweis: 5 Zentimeter sind zu wenig) und Radausflüg­e nicht in einem kompletten Schweißaus­bruch enden.

julia.schrenk@kurier.at juliaschre­nk

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