Kurier

„Unsere Macht liegt im Machen“

Lebensfreu­de. Thomas Brezina schrieb seinen ersten Erwachsene­n-Ratgeber. Seine Tipps sind simpel, aber griffig

- VON SARAH STOFFANELL­ER UND AXEL N. HALBHUBER

KURIER: Herr Brezina, LebensRatg­eber gelten oft als banal und belehrend. Haben Sie keine Angst um Ihren guten Ruf? Thomas Brezina: Ich würde mir nie anmaßen, „Ratschläge“zu geben, habe mich aber immer schon mit der Frage beschäftig­t: Wie kann ich mit mir und anderen besser umgehen? Im Laufe der Jahre durfte ich viel dazulernen und habe gewisse „Tricks“entwickelt, von denen ich gerne auf Facebook und Instagram erzähle. Dort war die Resonanz sehr gut. Darum ist Verleger Bernhard Salomon zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob ich nicht ein Buch dazu schreiben möchte. Im Buch erzähle ich Geschichte­n aus meinem Leben, wie ich gelernt habe, mehr Freude zu erleben. Vielleicht ist das für jemand anderen nützlich.

So ein Ratgeber hat aber Grenzen. Haben wir denn alles selbst in der Hand?

Wir haben nur in der Hand, wie wir mit Dingen umgehen. Das Schicksal können wir nicht beeinfluss­en. Es kommt, wie es kommt, und unsere Macht liegt im Machen, im Gestalten und Begegnen.

Sie empfehlen im Buch die Gestaltung des Lebens anhand von Kleinigkei­ten wie To-DoListen. Ist Freude ein großes Puzzle aus kleinen Steinen?

Freude braucht Aufmerksam­keit und ist Arbeit. Es ist ein niemals endendes Projekt und Lebensfreu­de setzt sich aus vielen Teilen zusammen. Freude von außen ist wunderbar, aber wir haben wenig Einfluss darauf. Mir geht es darum, wie wir selbst einen freudigen Zugang zum Leben und seinen Anforderun­gen schaffen können – es geht um die Lebenseins­tellung. Auch Freude am Lernen ist ein solches Puzzleteil, sagen Sie.

Lernen hört niemals auf. Meine Mutter wollte mit 90 Jahren noch ein iPhone haben, weil sie unbedingt lernen wollte, wie es funktionie­rt. Meine 100-jährige Freundin Liesl ließ sich von mir Instagram erklären. Meine Erfahrung: Menschen, die erfüllt leben, sind immer neugierig und lernen immer weiter dazu. Sie sind vor allem offen.

Liegt der Schlüssel zur Freude immer im Tun? Ist nicht das stille Genießen ebenso wichtig?

Volle Zustimmung! Aber auch zum stillen Genießen muss man etwas tun: Ich muss mir die Zeit dazu geben, die Ruhe verschaffe­n, es über- haupt tun zu können und mich daran erinnern, nicht ständig herumzuhüp­fen.

Dafür braucht man eine gute Beziehung zu sich selbst. Sie sehen Selbstlob als essenziell­e Zutat zur Freude, viele können sich selbst nicht loben.

Grundsätzl­ich scheinen wir so gebaut, dass wir das Negative einfacher finden als das Positive. Tadel an sich und anderen geht uns leichter von der Zunge als Lob. Da kann man nur gegensteue­rn: sich anerkennen, nicht immer nach außen, sondern vor allem sich selbst gegenüber.

Viele Menschen bekommen aber von außen zu wenig Lob, etwa vom Chef oder Kunden.

Das alles passiert mir doch auch. Und ich kann so wütend werden und mich ärgern. Aber heute versuche ich, so ruhig und pragmatisc­h wie möglich damit umzugehen und mir die Frage zu stellen: Was kann ich in dieser Situation jetzt tun? Wenn ich etwas verändern kann, mache ich das. Wenn nicht, muss ich es eben akzeptiere­n – oder ich suche nach einer Veränderun­g. Die braucht manchmal Zeit. Und in dieser Zeit versuche ich mehr zu lächeln.

Ist es nicht einfach, das als erfolgreic­her Autor zu sagen? Sie sind privilegie­rt, was Ihnen Freude macht, kommt gut an. Andere können von ihrer Leidenscha­ft nicht leben.

Da muss ich heftig widersprec­hen. Ich kenne Menschen in Berufen, die wirklich keine Traumberuf­e sind, die von diesen Menschen aber mit Freude ausgeführt werden. Wer glaubt, dass nur Traumberuf­e Freude machen, irrt gewaltig. Am wichtigste­n ist Leidenscha­ft für das, was man tut! Wer denkt, dass bei mir alles jeden Tag Freude ist, darf gerne einmal tauschen! Die Leute würden staunen.

Manche Ihrer Ratschläge klingen nach „Sag’ es dir vor, dann wird es wahr“. Das gilt nicht bei Verlust, Krankheit oder Armut.

Wir haben immer die Entscheidu­ng, in einer Situation eine negative und eine positive Annahme zu treffen. „Sag’ es dir vor, dann wird es wahr!“, ist ein Wunsch, sonst nichts, eine Illusion. Wer glaubt, dass ich in meinem Leben keine Schicksals­schläge erlebt habe, irrt gewaltig. Wieder komme ich zu meiner 100-jährigen Freundin Liesl: Sie hat ihren Mann tragisch verloren und später ihren Sohn, wohl einer der schlimmste­n Schicksals­schläge überhaupt. Heute lächelt sie und genießt das, was sie alles rund um sich hat und erlebt. Ihr Lebensgehe­imnis ist: Lächeln, auch wenn dir nicht danach ist.

Sie nennen im Buch Ihr Credo: „Auch das geht vorbei“. Sie wurden über die Zeit sehr gelassen, oder?

Je mehr man kennenlern­t, desto mehr weiß man, dass es weitergeht. Das hilft. Meine Eltern waren beide so.

Sie schreiben im Buch auch: „In meinem Leben habe ich niemals Drogen genommen. Ich rauche nicht und trinke nur wenig Alkohol.“Ist ein abstinente­s – also waches – Leben wichtig für Lebensfreu­de?

Es ist zumindest keine Lösung, sich zu betäuben. Zu lernen, damit zu leben, was auf uns zukommt, das ist die Herausford­erung. Wer abstinent leben will, soll das tun. Ich genieße mein Glas Wein, aber ich würde nie übermäßig trinken. Das gibt mir nichts.

Wie gehen Sie mit Ihren eigenen Katastroph­en um?

Persönlich schätze ich es, wenn mir Leute zuhören, wenn ich meine Katastroph­en schildere. Aber die besten Freunde sind die, die mir dann den Kopf zurechtrüc­ken und mir helfen, alles in Relation zu sehen und nach Lösungen zu suchen.

 ??  ?? Bisher wandte sich Thomas Brezina in seinen über 550 Romanen an Kinder und Jugendlich­e. Nun hat er kleine, feine Tipps in einen Lebens-Ratgeber für Erwachsene geschriebe­n: „Tu es einfach und glaub daran“(Verlag edition a, 20 €).
Bisher wandte sich Thomas Brezina in seinen über 550 Romanen an Kinder und Jugendlich­e. Nun hat er kleine, feine Tipps in einen Lebens-Ratgeber für Erwachsene geschriebe­n: „Tu es einfach und glaub daran“(Verlag edition a, 20 €).
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